Freitag, 27. April 2007
Hurra, wir verblöden ... Mann, Frau und Statistik ... und wann gehts's weiter?
fromrussia, 14:21h
Hurra, wir verblöden
Heute befassen wir uns mit dem russischen Fernsehen, nicht in Gänze, aber mit einigen Sendungen. Das russische Fernsehen, dessen Wurzeln im Sowjetischen Fernsehen zu finden sind, ist in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bereits an seine westlichen Brüder herangewachsen.
War das Fernsehen in früheren Zeiten eine grandiose Aneinanderreihung von Erfolgsmeldungen von den Schlachten an der Erntefront oder den letzten andersartigen Errungenschaften der Werktätigen, so ist es heute oftmals eine Aneinanderreihung von fast nicht erträglichen Banalitäten gemischt mit der Sendereihe „Head and Shoulders“, m.a.W. der Nachrichten.
Kritischerer Journalismus findet, wie auch im deutschen Fernsehen und auch aus den gleichen Gründen, meist zur Geisterstunde statt, wenn sichergestellt ist, daß das Auditorium auf die möglichst kleine unkritische Masse zusammengeschrumpft ist.
Schönen Gruß von Frau Salesch
Dafür hat das Fernsehen in Rußland erstaunliche Fortschritte bei Talk-Shows und „Fernsehnovelas“ gemacht. Wer will, kann von morgens um neun bis zum späten Nachmittag oder frühen Abend von einer Talk-Show in die andere zappen. Wesentliche Fragen wie „Womit bekämpfe ich meine Falten rund um die Augen?“ oder „Mein Nachbar führt ein amoralisches Leben.“ sind ebenso vertreten wie die Gerichtsverhandlungen a la Richterin Barbara Salesch. Bei diesen Gerichts-Shows hat man, so man eine wenn auch nur verhältnismäßig kleine juristische Bildung im russischen Recht hat, immer wieder sich die Frage stellen müssen, ob die Ausbildung russischer Richter wirklich so schmalspurig ist wie sie in den Gerichtsshows vorgeführt wird. Wahrscheinlich, oder hoffentlich, nicht. Die Gerichtsshows erinnern, wie auch in Deutschland daher zunehmend an das „Königlich-Bayrische Amtsgericht“ seliger Vorzeiten.
Talkshows
Irgendwo hatte ich vor langer langer Zeit mal gehört, daß der Entertainer Dieter-Thomas Heck der einzige Showmaster sei, von dem man sagt, daß er schneller reden als denken könne. Diese Aussage soll seinerzeit auch mal zu einem Gerichtsverfahren geführt haben und damit mir dieses Schicksal nicht blüht, distanziere ich mich natürlich nachhaltig davon.
Das russische Fernsehen hat einen würdigen Dieter-Thomas-Heck-Vertreter, sein Name Andrei Malachow. Herr Malachow kommt gebürtig aus Archangelsk im Norden. Irgendwie hat es ihn nach Moskau verschlagen und nach und nach bekam er im Fernsehen immer mehr Sendezeit. heute moderiert er die allabendliche Sendung „Laßt sie doch reden“ und irgendeine Wochenendshow aus einem der Moskauer V.I.P-Klubs in denen sich die Kinder „die mit dem goldenen Löffel geboren werden“ herumtreiben um ihre Zeit totzuschlagen und ihre oder Papas Kohle zu verbraten.
Da wird dann Fragen nachgegangen wie „Was sind die angesagten Klubs Moskaus?“, „Was bringt einem die Zukunft und was zieht man dazu an?“, „Wo verbringt Ksenia Sobchak - die Tochter des ehemaligen Bürgermeisters von St. Petersburg und nun Showgröße mit der Sendung BIG BROTHER (russischer Prägung) - ihren Urlaub und mit wem?“ und ähnlich wesentliche Fragen der Zeit. Wer die Show nicht gesehen hat, der hat auch nichts Wesentliches versäumt, es sei denn, er hielte solche Fragen für wesentlich.
Laßt sie doch reden
Andrei Malachow moderiert, wie bereits erwähnt, auch noch die Show „Laßt sie doch reden“. Die Show wird in den frühen Abendstunden auf einem der vielen Privatfernsehkanäle gesendet. Das Niveau der Show hält sich die Waage mit den nachmittäglichen „Prekariatsshows“ deutscher Fernsehsender und die Agierenden, man ist manchmal versucht zu sagen „die Vorgeführten“, sind oft unter den Opfern der Pisastudie zu finden.
Begleitet wird das Ganze durch die Anwesenheit von Kommentatoren aus Kunst, Wissenschaft oder Politik, die ihre Meinung zu den diskutieren Fragen - wahrscheinlich gegen entsprechende Entlohnung - kundtun. Da findet man schon einmal die äußerst besorgte Duma-Abgeordnete die der Frage nachgeht ob 15-jährige Mütter nicht überfordert sind mit der Betreuung ihrer Kinder und ob Oma nicht einspringen solle. Mir fällt dann immer Bill Gates ein und sein Geld und wenn ich nur 1% davon hätte, dann würde ich auch die in den Fernsehshows gezeigten Probleme mit ruhigem Gewissen auf mich nehmen.
Wer vergleichbare Shows aus Deutschland fünf Minuten aushält, der wird auf ähnliche Szenen treffen, nur fehlen da - noch - die Bundestagsabgeordneten die ihren Senf zum „armen Würstchen“ geben. Der Moderator der russischen Show selbst redet so schnell, daß man nur schwer folgen kann wenn nicht gerade langgezogene „Äääähhhh“ und „Öööööhhhh“ den Sprachfluß unterbrechen und D.T. Heck fällt einem unwillkürlich wieder ein. Andrei Malachow redet nicht nur schnell, er scheint - ebenfalls schnell - auch nicht schlecht dabei zu verdienen, wer will es ihm neiden.
Yellow Press in Russia
Das Immobilienanwesen des Entertainers kann der wissbegierige Leser dann in einem der zahlreichen Erzeugnisse der russischen Yellow-Press bewundern. Diese Presseerzeugnisse, die so spannende Namen haben wie „Streng geheim“ (Warum liegen sie dann offen am Kiosk aus?) oder „Schnelle Info“, manche übersetzen es auch als „AIDS-Info“, gibt es massenhaft an jedem Kiosk und in jedem Supermarkt und tragen mit ihren Artikeln zur Hebung des intellektuellen Niveaus der Bevölkerung ebenso bei wie in Deutschland die „Super-Illu“ oder die erwähnten deutschen und russischen Fernsehshows.
Außerirdisches
Zurück zu „Laßt sie doch reden“. Da habe ich neulich zum ersten mal in meinem Leben tatsächlich einen Übersetzer für Außerirdische leibhaftig am Bildschirm bewundern können. Der Gute erzählte unter dem angespannten Lauschen des ebenso faszinierten Publikums wie er in Kontakt mit Außerirdischen tritt und daß die „Grünen Männchen von Betageuze“ ihm ihre Nachrichten auch schon mal auf seinen Laptop schicken. Ob per Modem, DSL oder ob ein altes Feldtelefon als technischer Mittler dient, das ließ er offen, schade.
Einfach Maria
Auch bei den Fernsehserien des „Herz, Schmerz, Schmalz-“Genres haben russische Fernsehanstalten in kurzer Zeit zu ihren westlichen Schwestern aufgeholt. Eine der ersten Fernsehserien dieser Art war die Fernsehnovela „Einfach Maria“, die ein russischer Sender aus Mexiko angekauft hatte. Die Serie war ebenso simpel gestrickt wie erfolgreich. Die Titelfigur Maria war ein „einfaches Mädel vom Lande“ das seinen sich über mehrere Folgen hinziehenden Weg von Bergen in die Stadt in die „Welt der Schönen und Reichen“ gefunden hatte. Dort, wie sollte es anders sein, verliebte sich ein Multi-Millionär - oder war es Billionär? - in die ebenso schöne wie einfältige Maria. Weitere Wegpunkte auf dem Entwicklungsweg von Maria sind dann natürlich Eifersucht, Kinder bekommen, Intrigen gegen das Mädel vom Lande und was sonst noch dazu herhalten kann um eine Fernsehserie zu strecken. Die Serie war beim russischen Publikum ein Riesenerfolg und zu Marias Sendezeiten fegte es die Frauen von den Straßen an den heimatlichen Bildschirm um dem schweren Schicksal der Heldin zu folgen.
Das war in den 90er Jahren und seit dem hat sich einiges getan im Fernsehen. Heute werden überwiegend Serien eigener Produktion oder von in Koproduktion mit südamerikanischen Sendeanstalten erstellter Sendungen ausgestrahlt. Man kann die Namen der unaufhörlich sich abwechselnden Serien kaum noch merken. Serien wie „Verfluchtes Paradies“, die im Prostituiertenmilieu eines Nobelbordells spielt bis zu „Tatyanas Tag“ in dem eine, wie sollte es anders sein, ebenso einfältige wie schöne Heldin sich den Intrigen ihrer noch schöneren aber abgrundtief bösen Konkurrentinnen beim Rennen um die Gunst des Chefs, der das Naivchen natürlich auch nur über die berühmte Bettkante ziehen will, widersetzen muß. Gemeinsam ist all diesen Serien, daß die Ausstattung in der Mehrzahl der Fälle als mehr als dürftig zu bezeichnen ist. Für eine Serie dieser Art benötigt man:
Möglichst preiswerte, weil wenig bekannte Schauspieler. Die bekommt man zum Schleuderpreis von Sendungen wie „Sternenfabrik“, wo Nachwuchstalente des Showgeschäfts herangezogen werden sollen.
Weiterhin benötigt man ein Studio nebst Aufnahmetechnik
Und - das allerwichtigste - eine Sitzgarnitur bestehend aus Couch und zwei bis drei Sesseln, die so im Studio aufgestellt werden müssen, daß sie den Eindruck von hochherrschaftlicher Villa am Rande der Stadt ergeben.
Auf den Sitzmöbeln lassen sich dann in abwechselnder Folge die Heroen der Sendung nieder um darüber zu philosophieren, ob und wann, mit wem und wo sie es miteinander getrieben haben oder haben könnten oder wer mit wem ... usw. usf. es machen könnte und vor allem die Frage wer gerade wieder gegen wen und warum intrigiert. Handlungsfördernd ist es, wenn dabei oft möglichst die Wortfolge - bitte die Ziffer selbst einsetzen, aber keinesfalls unter zehn Millionen - „Dollar“ genannt wird. Diese Summen werden dann immer genutzt um genutzt um wahlweise
* Einen Konkurrenten aufzukaufen
* Eine Geisel loszukaufen
* Einen Bürokraten zu bestechen (dann ist die Summe aber immer bedeutend kleiner)
* einen Killer zu organisieren (dann ist die Summe aber immer bedeutend kleiner)
oder ganz beliebt
* eine Villa an der französischen Mittelmeerküste zu kaufen, dies wiederum bevorzugt für :
++ Die eigene unglückliche, unzufriedene und daher fremdgehende Ehefrau - eher selten
++ Die schöne wie durchtriebene und ebenfalls mit einem zusätzlichen Latinlover ausgerüstete Geliebte - in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle oder
++ Die Kinder - soll vorkommen
Und so „seifenopern“ wir uns durch die Zeit. Wie bei einer solchen Bewußtseinslage die Fachkräfte für die in Rußland jetzt als Nationalprojekt entdeckte Nanotechnologie herangezogen werden sollen? Wir werden es sehen. Als weitergehende Lektüre in diesem Zusammenhang empfehle ich :
„Wir amüsieren uns zu Tode. Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie.“ von Neil Postman
Mann, Frau und Statistik
ich habe es im Fernsehen gesehen und was die sagen muß ja wohl stimmen, ist immerhin das Fernsehen. In einer Sendung wurde letzte Woche offenbart wie das statistische Verhältnis Männer zu Frauen in Rußland ist, haltet Euch fest es ist
1 zu 15.
Nach Abzug aller irrelevanten Teilgruppen dürfte aber immer noch ein lockeres
1 zu 5 bis 7
herauskommen denke ich mal.
Nächste Ausgabe
Die nächste Ausgabe kommt - reisebedingt - erst Mitte nächster Woche. Ich hoffe Ihr überlebt es. Aber sie wird - hoffentlich - eine hübsche reisereportage beinhalten, also seid gespannt.
Heute befassen wir uns mit dem russischen Fernsehen, nicht in Gänze, aber mit einigen Sendungen. Das russische Fernsehen, dessen Wurzeln im Sowjetischen Fernsehen zu finden sind, ist in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bereits an seine westlichen Brüder herangewachsen.
War das Fernsehen in früheren Zeiten eine grandiose Aneinanderreihung von Erfolgsmeldungen von den Schlachten an der Erntefront oder den letzten andersartigen Errungenschaften der Werktätigen, so ist es heute oftmals eine Aneinanderreihung von fast nicht erträglichen Banalitäten gemischt mit der Sendereihe „Head and Shoulders“, m.a.W. der Nachrichten.
Kritischerer Journalismus findet, wie auch im deutschen Fernsehen und auch aus den gleichen Gründen, meist zur Geisterstunde statt, wenn sichergestellt ist, daß das Auditorium auf die möglichst kleine unkritische Masse zusammengeschrumpft ist.
Schönen Gruß von Frau Salesch
Dafür hat das Fernsehen in Rußland erstaunliche Fortschritte bei Talk-Shows und „Fernsehnovelas“ gemacht. Wer will, kann von morgens um neun bis zum späten Nachmittag oder frühen Abend von einer Talk-Show in die andere zappen. Wesentliche Fragen wie „Womit bekämpfe ich meine Falten rund um die Augen?“ oder „Mein Nachbar führt ein amoralisches Leben.“ sind ebenso vertreten wie die Gerichtsverhandlungen a la Richterin Barbara Salesch. Bei diesen Gerichts-Shows hat man, so man eine wenn auch nur verhältnismäßig kleine juristische Bildung im russischen Recht hat, immer wieder sich die Frage stellen müssen, ob die Ausbildung russischer Richter wirklich so schmalspurig ist wie sie in den Gerichtsshows vorgeführt wird. Wahrscheinlich, oder hoffentlich, nicht. Die Gerichtsshows erinnern, wie auch in Deutschland daher zunehmend an das „Königlich-Bayrische Amtsgericht“ seliger Vorzeiten.
Talkshows
Irgendwo hatte ich vor langer langer Zeit mal gehört, daß der Entertainer Dieter-Thomas Heck der einzige Showmaster sei, von dem man sagt, daß er schneller reden als denken könne. Diese Aussage soll seinerzeit auch mal zu einem Gerichtsverfahren geführt haben und damit mir dieses Schicksal nicht blüht, distanziere ich mich natürlich nachhaltig davon.
Das russische Fernsehen hat einen würdigen Dieter-Thomas-Heck-Vertreter, sein Name Andrei Malachow. Herr Malachow kommt gebürtig aus Archangelsk im Norden. Irgendwie hat es ihn nach Moskau verschlagen und nach und nach bekam er im Fernsehen immer mehr Sendezeit. heute moderiert er die allabendliche Sendung „Laßt sie doch reden“ und irgendeine Wochenendshow aus einem der Moskauer V.I.P-Klubs in denen sich die Kinder „die mit dem goldenen Löffel geboren werden“ herumtreiben um ihre Zeit totzuschlagen und ihre oder Papas Kohle zu verbraten.
Da wird dann Fragen nachgegangen wie „Was sind die angesagten Klubs Moskaus?“, „Was bringt einem die Zukunft und was zieht man dazu an?“, „Wo verbringt Ksenia Sobchak - die Tochter des ehemaligen Bürgermeisters von St. Petersburg und nun Showgröße mit der Sendung BIG BROTHER (russischer Prägung) - ihren Urlaub und mit wem?“ und ähnlich wesentliche Fragen der Zeit. Wer die Show nicht gesehen hat, der hat auch nichts Wesentliches versäumt, es sei denn, er hielte solche Fragen für wesentlich.
Laßt sie doch reden
Andrei Malachow moderiert, wie bereits erwähnt, auch noch die Show „Laßt sie doch reden“. Die Show wird in den frühen Abendstunden auf einem der vielen Privatfernsehkanäle gesendet. Das Niveau der Show hält sich die Waage mit den nachmittäglichen „Prekariatsshows“ deutscher Fernsehsender und die Agierenden, man ist manchmal versucht zu sagen „die Vorgeführten“, sind oft unter den Opfern der Pisastudie zu finden.
Begleitet wird das Ganze durch die Anwesenheit von Kommentatoren aus Kunst, Wissenschaft oder Politik, die ihre Meinung zu den diskutieren Fragen - wahrscheinlich gegen entsprechende Entlohnung - kundtun. Da findet man schon einmal die äußerst besorgte Duma-Abgeordnete die der Frage nachgeht ob 15-jährige Mütter nicht überfordert sind mit der Betreuung ihrer Kinder und ob Oma nicht einspringen solle. Mir fällt dann immer Bill Gates ein und sein Geld und wenn ich nur 1% davon hätte, dann würde ich auch die in den Fernsehshows gezeigten Probleme mit ruhigem Gewissen auf mich nehmen.
Wer vergleichbare Shows aus Deutschland fünf Minuten aushält, der wird auf ähnliche Szenen treffen, nur fehlen da - noch - die Bundestagsabgeordneten die ihren Senf zum „armen Würstchen“ geben. Der Moderator der russischen Show selbst redet so schnell, daß man nur schwer folgen kann wenn nicht gerade langgezogene „Äääähhhh“ und „Öööööhhhh“ den Sprachfluß unterbrechen und D.T. Heck fällt einem unwillkürlich wieder ein. Andrei Malachow redet nicht nur schnell, er scheint - ebenfalls schnell - auch nicht schlecht dabei zu verdienen, wer will es ihm neiden.
Yellow Press in Russia
Das Immobilienanwesen des Entertainers kann der wissbegierige Leser dann in einem der zahlreichen Erzeugnisse der russischen Yellow-Press bewundern. Diese Presseerzeugnisse, die so spannende Namen haben wie „Streng geheim“ (Warum liegen sie dann offen am Kiosk aus?) oder „Schnelle Info“, manche übersetzen es auch als „AIDS-Info“, gibt es massenhaft an jedem Kiosk und in jedem Supermarkt und tragen mit ihren Artikeln zur Hebung des intellektuellen Niveaus der Bevölkerung ebenso bei wie in Deutschland die „Super-Illu“ oder die erwähnten deutschen und russischen Fernsehshows.
Außerirdisches
Zurück zu „Laßt sie doch reden“. Da habe ich neulich zum ersten mal in meinem Leben tatsächlich einen Übersetzer für Außerirdische leibhaftig am Bildschirm bewundern können. Der Gute erzählte unter dem angespannten Lauschen des ebenso faszinierten Publikums wie er in Kontakt mit Außerirdischen tritt und daß die „Grünen Männchen von Betageuze“ ihm ihre Nachrichten auch schon mal auf seinen Laptop schicken. Ob per Modem, DSL oder ob ein altes Feldtelefon als technischer Mittler dient, das ließ er offen, schade.
Einfach Maria
Auch bei den Fernsehserien des „Herz, Schmerz, Schmalz-“Genres haben russische Fernsehanstalten in kurzer Zeit zu ihren westlichen Schwestern aufgeholt. Eine der ersten Fernsehserien dieser Art war die Fernsehnovela „Einfach Maria“, die ein russischer Sender aus Mexiko angekauft hatte. Die Serie war ebenso simpel gestrickt wie erfolgreich. Die Titelfigur Maria war ein „einfaches Mädel vom Lande“ das seinen sich über mehrere Folgen hinziehenden Weg von Bergen in die Stadt in die „Welt der Schönen und Reichen“ gefunden hatte. Dort, wie sollte es anders sein, verliebte sich ein Multi-Millionär - oder war es Billionär? - in die ebenso schöne wie einfältige Maria. Weitere Wegpunkte auf dem Entwicklungsweg von Maria sind dann natürlich Eifersucht, Kinder bekommen, Intrigen gegen das Mädel vom Lande und was sonst noch dazu herhalten kann um eine Fernsehserie zu strecken. Die Serie war beim russischen Publikum ein Riesenerfolg und zu Marias Sendezeiten fegte es die Frauen von den Straßen an den heimatlichen Bildschirm um dem schweren Schicksal der Heldin zu folgen.
Das war in den 90er Jahren und seit dem hat sich einiges getan im Fernsehen. Heute werden überwiegend Serien eigener Produktion oder von in Koproduktion mit südamerikanischen Sendeanstalten erstellter Sendungen ausgestrahlt. Man kann die Namen der unaufhörlich sich abwechselnden Serien kaum noch merken. Serien wie „Verfluchtes Paradies“, die im Prostituiertenmilieu eines Nobelbordells spielt bis zu „Tatyanas Tag“ in dem eine, wie sollte es anders sein, ebenso einfältige wie schöne Heldin sich den Intrigen ihrer noch schöneren aber abgrundtief bösen Konkurrentinnen beim Rennen um die Gunst des Chefs, der das Naivchen natürlich auch nur über die berühmte Bettkante ziehen will, widersetzen muß. Gemeinsam ist all diesen Serien, daß die Ausstattung in der Mehrzahl der Fälle als mehr als dürftig zu bezeichnen ist. Für eine Serie dieser Art benötigt man:
Möglichst preiswerte, weil wenig bekannte Schauspieler. Die bekommt man zum Schleuderpreis von Sendungen wie „Sternenfabrik“, wo Nachwuchstalente des Showgeschäfts herangezogen werden sollen.
Weiterhin benötigt man ein Studio nebst Aufnahmetechnik
Und - das allerwichtigste - eine Sitzgarnitur bestehend aus Couch und zwei bis drei Sesseln, die so im Studio aufgestellt werden müssen, daß sie den Eindruck von hochherrschaftlicher Villa am Rande der Stadt ergeben.
Auf den Sitzmöbeln lassen sich dann in abwechselnder Folge die Heroen der Sendung nieder um darüber zu philosophieren, ob und wann, mit wem und wo sie es miteinander getrieben haben oder haben könnten oder wer mit wem ... usw. usf. es machen könnte und vor allem die Frage wer gerade wieder gegen wen und warum intrigiert. Handlungsfördernd ist es, wenn dabei oft möglichst die Wortfolge - bitte die Ziffer selbst einsetzen, aber keinesfalls unter zehn Millionen - „Dollar“ genannt wird. Diese Summen werden dann immer genutzt um genutzt um wahlweise
* Einen Konkurrenten aufzukaufen
* Eine Geisel loszukaufen
* Einen Bürokraten zu bestechen (dann ist die Summe aber immer bedeutend kleiner)
* einen Killer zu organisieren (dann ist die Summe aber immer bedeutend kleiner)
oder ganz beliebt
* eine Villa an der französischen Mittelmeerküste zu kaufen, dies wiederum bevorzugt für :
++ Die eigene unglückliche, unzufriedene und daher fremdgehende Ehefrau - eher selten
++ Die schöne wie durchtriebene und ebenfalls mit einem zusätzlichen Latinlover ausgerüstete Geliebte - in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle oder
++ Die Kinder - soll vorkommen
Und so „seifenopern“ wir uns durch die Zeit. Wie bei einer solchen Bewußtseinslage die Fachkräfte für die in Rußland jetzt als Nationalprojekt entdeckte Nanotechnologie herangezogen werden sollen? Wir werden es sehen. Als weitergehende Lektüre in diesem Zusammenhang empfehle ich :
„Wir amüsieren uns zu Tode. Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie.“ von Neil Postman
Mann, Frau und Statistik
ich habe es im Fernsehen gesehen und was die sagen muß ja wohl stimmen, ist immerhin das Fernsehen. In einer Sendung wurde letzte Woche offenbart wie das statistische Verhältnis Männer zu Frauen in Rußland ist, haltet Euch fest es ist
1 zu 15.
Nach Abzug aller irrelevanten Teilgruppen dürfte aber immer noch ein lockeres
1 zu 5 bis 7
herauskommen denke ich mal.
Nächste Ausgabe
Die nächste Ausgabe kommt - reisebedingt - erst Mitte nächster Woche. Ich hoffe Ihr überlebt es. Aber sie wird - hoffentlich - eine hübsche reisereportage beinhalten, also seid gespannt.