Sonntag, 13. Januar 2008
Weihnachten, Neujahr ... und weil es so schön war gleich noch einmal
Der Westen hat die Feiertage erfolgreich hinter sich gebracht. Weihnachten hat man hinter sich gebracht, wie üblich viel zu viel gegessen, den Familienbesuch absolviert und sich geschworen im neuen Jahr alles ganz anders mach zu wollen. Wir werden sehen was am Ende von 2008 in Oste und West von diesen Schwüren geblieben ist. Auch den Silvesterabend hat der Westen hinter sich gebracht und wenn man berufenem Munde Glauben schenken darf, dann die Silvesterfeier mancherorts nur deshalb nicht stattgefunden, weil man schon um 22.00 ins Bett gegangen ist, tja, so ist der Westen eben, zu nichts mehr zu gebrauchen.
Ganz anders dagegen der Osten, wenn gefeiert wird, dann wird gefeiert, komme was da wolle, auch eine mehr als 1.000 Kilometer lange Familienheimfahrt schreckt da nicht. Also auf ins Getümmel.

Stau in Kiew, jeder fährt wie er kann

Der Hinweg Kiew - Tver von rund 1.300 Km am 29. Dezember wurde durch eine Übernachtung in Bryansk, ca. 500 Km von Kiew entfernt, unterbrochen. Im Hotel "Cruise", was man mit Kreuzfahrt übersetzen kann, wurde die Fahrt, die bei winterlichen Bedingungen mit Sommerreifen unternommen wurde, unterbrochen. Die Pause tut gut nach einer größtenteils im Dunkeln von statten gehenden Fahrt. Auf dem Moskauer Autobahnring haben wir das Spiel "Aufgepaßt und mitgemacht", das andere auch als "russisches Roulette" bezeichnen, erfolgreich hinter uns gebracht. Völlig genervt vom Kamikaze auf dem 6-spurigen Highway machen wir Zwischenstation am Stadtrand von Moskau und gehen in die IKEA Cafeteria.
Den Rest der Fahrt verbringen wir damit so alle 20 Kilometer anzuhalten und die Scheinwerfer von der Dreckkruste zu befreien die die Scheinwerfer überzieht. Ohne diese Putzarien sieht man einfach nichts mehr und das "Fahren nach Instrumenten" setzt ein, ein Vergnügen, das äußerst gefährlich ist weil man so schon schlecht sichtbare Fußgänger oder andere Verkehrsteilnehmer fast nicht mehr sehen kann. Also, anhalten und die Scheinwerfer mittels Lappen säubern. Eine Scheinwerferreinigungsanlage, wie sie seinerzeit mein VOLVO 740 hatte, wäre schön, tja, wäre, ist aber nicht. Also heißt es "selbst ist der Mann".
Gegen 22.00 Uhr treffen wir am 30. Dezember an der Wolga ein. Wir sind trotz der Pause immer noch geschlaucht. Das Auto macht endlich ernst mit dem was da als Aufkleber auf der Heckscheibe prangt, "Panzer fürchten keinen Dreck".



Den Jahreswechsel und die folgenden Tage schenken wir uns hier einmal. Sie unterscheiden sich nur unwesentlich von dem was die anderen Jahre schon geboten haben. Den Silvesterabend haben wir überlebt, ein Abend, der in Rußland traditionell von einem verkaterten Neujahrstag gefolgt wird. Die Straßen sind leer, die Geschäfte erstaunlicherweise auch. Nur ein paar Jugendliche schicken vereinzelt noch übrig gebliebenes Feuerwerk in den grauen Himmel über Tver.
In der Nachbarschaft tauscht man Salat "Olivier" gegen Heringssalat und eigentlich hat man, wie üblich, noch genug um eine ganze tatarisch-mongolische Horde für einige Zeit mit seinen Silvestervorräten durchzufüttern.

Die Manty sind fertig, guten Appetit

Nach einigen Tagen sind auch diese Vorräte endlich verbraucht und man schwört sich, wie schon im vergangenen Jahr, zum nächsten Jahreswechsel erheblich weniger zu kochen, braten, backen. Aber auch dieser Schwur wird wohl kaum eingelöst werden, Rußland eben.
Ein paar „lazy days“ folgen. Das Fernsehen sendet einen Film nach dem anderen und draußen ist es kalt, also kein Grund auf die Straße zu gehen. Das Internet bleibt „aus“. Das kann heiter werden bei der Rückkehr nach Kiew. Am 7. Januar feiern wir das „alte“ Weihnachtsfest mit unseren Nachbarn. Die Russen und ihre Nachbarn feiern sowohl Weihnachten als auch das neue Jahr nach dem heute gebräuchlichen gregorianischen Kalender als auch nach dem bis zum Ende der Zarenzeit 1918 gebräuchlichen julianischen Kalender. Damit feiern wir Weihnachten (neu) am 24. Dezember, Weihnachten (alt) am 7. Januar, den Jahreswechsel (neu) am 31. Dezember und das neue Jahr (alt) am 13. Januar, ein richtiger Feiermarathon.

Am 10. Januar ist es soweit. Mit der üblichen Verzögerung geht es an den Start. Geplant war 9.00 morgens, geworden ist es 14.00 Uhr am Nachmittag. Da die Einfuhrerlaubnis für das Auto am 10.1. um 24.00 Uhr endet heißt es sich ein wenig zu sputen. Beim letzten mal haben wir die Frist um 90 Minuten verpaßt weil der Grenzübergang über den wir eigentlich wollten, gesperrt war und wir in der Nacht einen kleinen Grenzübergang suchen mußten. Das Ergebnis war eine „kleine Spende“ an die örtlichen Zollbehörden und eine Belehrung. Ok, das haben wir hinter uns und nach einer Wiederholung steht uns nicht der Sinn. Also aufs Gaspedal treten soweit das möglich ist. Leider ist es nicht möglich, denn kaum winterlich zu nennende Temperaturen sorgen dafür daß Erlebnis von Matsch auf Scheiben und Scheinwerfern wiederholen. Gott sei Dank ist es noch nicht dunkel. Liter um Liter Scheibenwaschmittel wird auf die Scheibe verteilt. Noch können wir sehen wohin es geht aber wenn das so anhält dann kann das eher eine Putzrallye werden. Nach drei Stunden haben wir Moskau erreicht. Wieder geht es auf den Autobahnring der Moskau umgibt, mittlerweile ist es schon dunkel. Trotz dreckiger Beleuchtung halten wir nicht an, alle Fahrzeuge fahren mit „Lichtfiltern“. Wenigstens gibt es keine Fußgänger - hoffentlich. Nach 90 Minuten „Survive or die“ endlich die Ausfahrt zur M3, der Trasse die uns nach Bryansk und anschließend zur Grenze führen soll. Sinnvollerweise habe ich die Anfahrt Kiew - Tver mittels eines GPS Gerätes aufgezeichnet so daß uns der Rückweg wenig Schwierigkeiten machen sollte, selbst die Nebenstraßen habe ich „im Kasten“.

Ein renoviertes Haus in Kiew

Die Investition in mein GPS, das ich mir noch in Karelien zugelegt habe, hat sich im Laufe der Zeit als sehr sinnvoll herausgestellt. Straßenwegweiser sind in Rußland leider noch immer eine Seltenheit. Wenn die Rarität dann auftaucht, dann ist sie oft schwer lesbar. Wer die Wegweiser auf den Transitstrecken aus DDR Zeiten kennt, der weiß wovon ich rede. Also auf geht es in die „Provinz“. Gegen 23.00 Uhr halte ich an einer Tankstelle an, aber nicht um zu tanken, sondern um ein wenig zu verschnaufen. Ich bin auch älter geworden. Früher habe ich Nachtfahrten „mit links“ erledigt und eine Nachtfahrt durch Deutschland schreckt mich auch heute nicht. Aber eine Nachtfahrt durch Rußland ist etwas anderes.
Machen wir es kurz, um 6.30 erreichen wir die russische Grenze. Eigentlich ist es die russisch-weißrussisch-ukrainische Grenze. Hier ist das Grenzregime besonders skurril. Im Drei-Länder-Eck durchfährt man die Grenze eines Staates um anschließend im Niemandsland auf einen Kreisverkehr zu stoßen in dessen Mitte ein Denkmal steht. Dann kann man sich frei aussuchen in welchen Staat man dann weiterfährt. Aber erst einmal müssen wir die russischen Grenzkontrollformalitäten hinter uns bringen. Im Gegensatz zur Herfahrt ist der Grenzübergang fast verwaist. Der erste Grenzposten verweist uns an die Zollkontrolle. Der will nur die Zollerklärung sehen und die Heckklappe sowie die Autotüren bleiben zu. Heute kein Interesse an einer eingehenden Kontrolle, auch gut. Weiter geht es zur Paßkontrolle. Aber auch da, Wunder über Wunder, nur ein Einsammeln der Einreisekarte, Abstempeln des Passes, „Gute Reise und Frohes Neujahr“. Das war es, kaum zu glauben, aber wahr, so einfach kann der Übertritt über die russische Grenze auch sein, danke.
Der ukrainische Grenzposten winkt uns nur durch zur Passkontrolle, kein Ausfüllen einer Einreisekarte, nur die Wohnadresse in Kiew will er wissen, ein Blick auf die Papiere und weiter geht es zum Zoll. Und der winkt nur durch. Wir sind zurück in der Ukraine. Es ist 7.00 russischer Zeit oder 6.00 ukrainischer Zeit. Noch liegen 90 Kilometer vor uns bis zur Stadt Chernigiv - oder auf russisch Chernigov. In der Zwischenzeit hat es wieder angefangen zu schneien. Zwei Stunden später haben wir Chernigiv erreicht. Ich habe keine Lust anzuhalten. Besser weiter fahren, bis Kiew sind es noch 130 Kilometer. Eine Stunde später halten wir an einem Café das nicht nur verspricht 24 Stunden geöffnet zu sein, sondern es tatsächlich auch ist. Das frühstück besteht aus „Butterbrodi“, also belegten Broten. Das Erstaunliche an diesen Butterbrodi ist die Tatsache daß sich auf dem Brot, entgegen der Bezeichnung, keine Butter befindet sondern einfach der Belag. Vier Butterbrodi und drei Tassen Kaffee später bin ich soweit ausgeruht daß an eine Weiterfahrt zu denken ist.
Der Rest ist schnell erzählt. drei Stunden später stehen wir auf dem Parkplatz unseres Hauses. Nur das Nötigste wird ausgepackt, jetzt will ich nur noch eins: Schlafen. Wenn alles so reibungslos wird wie bei dieser Fahrt dann kann das Jahr 2008 ruhig kommen.
In diesem Sinne „Frohes Neues Jahr“ zusammen.

Frohes Neujahr aus der Ukraine

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Mittwoch, 26. Dezember 2007
Frohes Fest ... oder so ... wie war 2007?
Im Westen sind die Konsumentenschlachten geschlagen, die wir - im Osten - noch vor uns haben. Der 24. Dezember und die folgenden Tage sind nämlich, im Gegensatz zum Westen, keine Feiertage. Obwohl, feiern würde man schon ganz gerne, das "katholische Weihnachten", wie man es hier nennt.

Der Weihnachtsbaum in Kiew auf dem Maidan

Also, Business as usual in der Ukraine. Daß die Geschäfte auch am Sonntag geöffnet haben, ist nichts Außergewöhnliches für die Ukraine oder gar für Rußland. Das ist ganz normal hier. Selbst am "Novi God", dem Neujahrsfest, DEM Fest schlechthin kann man selbst während die Feierlichkeiten laufen, noch einkaufen - Konsumentenhimmel? ich weiß nicht, die Beschäftigten im Einzelhandel sehen das bestimmt anders.

Alle Jahre wieder "bevölkern" elektronische Glückwünsche den Email-Eingang. Wenn man Glück hat, dann sind es eher persönliche Emails wie die von meinem Bruder Michael, in dem er einen Jahresrückblick macht. Andere senden eine kurze Nachricht und die letzte Gruppe sind die, die eine elektronische Grußkarte verschicken. Das ist die gefährlichste Gruppe. Denn sie meinen es gut mit dem Empfänger und bekanntlich ist das Gegenteil von "gut" ja "gut gemeint". Bedauerlicherweise übersehen diese Zeitgenossen, daß das Versenden von elektronischen Grußkarten, daß die Betreiber der Grußkarten-WEB-Sites in der Regel die Emailadressen der Empfänger sammeln um sie dann in klingende Münze umzutauschen. Das ist insbesondere bei amerikanischen Betreibern solcher WEB Sites der Fall. In Amerika gelten andere Gesetze und Datenschutz ist ein Fremdwort. Die Folge: Unerwünschte Werbung im Postfach, die man neudeutsch Spam nennt. Daher beginnt regelmäßig nach dem Fest der verzweifelte Kampf gegen die Spampest.

Wie war 2007 bei Euch? Erfolgreich? Oder weniger erfolgreich?

2007 war für mich mal wieder Anlaß "umzuziehen", Ziel diesmal - Kiew in der Ukraine.

Ein renoviertes Haus in Kiew

Anlaß des Umzuges? Ein neues Projekt, diesmal mit dem Thema Förderung der Berufsausbildung in den Regionen der Ukraine. Eine für mich vollkommen neue Welt anfänglich, nach und nach arbeite ich mich in das Thema ein. Ich unternehme zahlreiche Fahrten durch die Regionen der Ukraine. Von Norden bis in den Süden, auf die Krim, führen mich die Fahrten. Zugegeben, die Krim ist sicher im Frühling oder Sommer schöner. Was soll's, ich bin nicht als Tourist hier.

Das Schwarze Meer ... ganz am Rande

Kiew im Winter? Das ist Schnee und Kälte ... im Allgemeinen. Jetzt scheint der klimawandel auch Kiew erreicht zu haben. Temperaturen um den Gefrierpunkt bestimmen Kiew. Schnee? Noch vor sechs Jahren war die Stadt weiß verschneit. Aber jetzt? Fehlanzeige. Ich bin darüber nicht böse wenn ich daran denke daß noch die Fahrt nach Rußland vor uns steht, rund 1.000 Km mit "Ganzjahresreifen" in ein Land in dem es schon Schnee hat, zwar auch nicht soviel wie sonst, aber das kann sich, soweit ich mich erinnere, sehr schnell ändern. Und meine Winterreifen liegen gut aufgestapelt in einer Garage bei Freunden.

Was liegt im Neuen Jahr an? Zuerst einmal Arbeit. Die ersten von mir organisierten Kurse haben in den Regionen begonnen und im Januar, Februar und März wird es weitergehen. Die Arbeit macht Spaß und in den Regionen sind die Teilnehmer unseres Projektes sehr aktiv und freuen sich über die kleinste angebotene Hilfe.

IT Training in Cherkasy

Aber erst einmal heißt es Abschied nehmen von Kiew. Über die Feiertage werden wir in Rußland sein. Und am 14. Januar öffnet unser Projektbüro erneut. Bis dahin sind noch einige Hausaufgaben zu machen.

Auch in unserer Schule gibt es einen Jolkabaum

Dann folgt das Feiern in Rußland und der, der das Land kennt weiß was das heißt. den 24. Dezember haben wir ja schon hinter uns. dann folgt das "Novi God" - Neujahr, das Fest in Rußland schlechthin. Wenn Rußland dann wieder einigermaßen ansprechbar ist, so am 2. oder 3. Januar, bereitet man sich geistig schon mal auf das "Alte Weihnachtsfest" vor, das am 6. Januar begangen wird. Das russische Fernsehen läßt einen mit seinen ewig gleichen Neujahrssendungen bis zum 13. Januar, dem "alten Neuen Jahr" nicht aus den Fängen. Dann am 19. Januar noch die "Taufe Christi" an dem man "geweihtes Wasser" aus der Kirche holt. Gut nur, daß das Fest der "Verteidiger des Vaterlandes", das ehemalige Fest des "Tages der Roten Armee", erst am 23. Februar ist.

Dann folgt die Rückfahrt Rußland Ukraine. Aber dazu mehr wenn ich wieder in der Ukraine bin.

So, genug für heute, es gibt noch einiges zutun bevor es auf die 1.000 Km-Strecke geht, Karten schreiben, solche aus Papier mit Umschlag, aufräumen, packen, und auf geht es.

Wer wissen will wie solch eine Fahrt vor sich geht - unter sommerlichen Bedingungen - dem sei der dementsprechende Reisebericht aus dem Sommer empfohlen. Ihr findet ihn hier :

http://web.mac.com/wkwilleke/iWeb/Web-Site/Tver-Kiew-Tver.html

Ansonsten verbleibt mir Euch allen noch frohe Feiertage zu wünschen, kommt gut in das Neue Jahr und schaut ab und zu mal wieder rein. Ach ja, und im Jahr 2008 gibt es eine Überraschung. Noch will ich nicht allzuviel verraten, nur soviel, wer einen iPod oder sonstigen MP3-Player hat, der ist im Vorteil.

Bleibt mir gewogen

Werner

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Donnerstag, 13. September 2007
Von Brücken, Schlapphüten, Austausch und dem Friedhof der "Elektroniktiere"
In den „guten alten Zeiten“ des kalten Krieges gab es einen Platz an dem die Supermächte ihre Spione und politischen Widersacher austauschten. Auf der „Brücke der Einheit“ zwischen Berlin (West) und Potsdam, besser bekannt als Glienicker Brücke, wurde dieses makabere Spiel drei mal vollzogen. „Gibst Du mir meinen Spion, gebe ich Dir Deinen Spion.“ Auf diesem Weg kam der U2-Pilot Francis Gary Powers, den - nach russischen Angaben - eine sowjetische Rakete am ersten Mai 1960 aus dem Himmel über der UdSSR-Stadt Swerdlowsk holte, am 10. Februar 1962 ebenso wieder auf den Weg in seine Heimat wie sich die damalige UdSSR am elften Februar 1986 seines Kritikers Anatolij Sharansky entledigte. Ob das gegen „bare Münze“ erledigt wurde oder ob man auf der Grundlage eines Gentleman-Agreements handelte, keine Ahnung und den Betroffenen war es sicher auch reichlich egal. Die „Brücke der Einheit“ hat heute wieder die Bestimmung Potsdam und Berlin zu verbinden und ich erinnere mich noch heute daran wie in den Tagen der Wiederzusammenführung der beiden deutschen Staaten zu einem einigen Staat noch immer ein letzter sowjetischer Soldat auf der „Brücke der Einheit“ platziert war. Der Autoverkehr brauste an ihm - dem letzten Symbol der Viermächte-Verantwortung für Gesamtdeutschland - vorbei bis er eines Tages dann verschwunden war. Normalität kehrte auf der Brücke ein.

Auch ich hebe mich jetzt als „Austauscher“ versucht. Nicht daß ich zwischenzeitlich einen Zweitarbeitgeber habe und irgendwelchen „Schlapphüten“ auch immer zu Diensten bin, dieser Austausch hatte einen ganz anderen Grund, nämlich : Die „Barsetka“ - so heißt die „Herrenhandtasche“ in Rußland.

Vielleicht kann sich der eine oder andere noch an die Herrentäschen erinnern, mit denen sich vorzugsweise die Neubundesbürger seinerzeit ausstaffierten. Die Mode war kurz und die Herrenhandtasche verschwand bald in der Versenkung. In Rußland, in dem Land in dem man(n) eine große Anzahl an Papieren mit sich führt, feiert sie aber weiterhin fröhliche Urstände.

Barsetka - die russische Variante der Herrenhandtasche

Allerdings mutiert die Tasche im Moment weg von der „Hand“-Tasche zur „Gürtel“- oder „Schulter“-Tasche. Kurz gesagt, ich habe auch so ein Ding. Wenn ich es auch nicht allzu cool finde, so erspart sie mir aber meine Jackentaschen so auszubeulen daß ich wie ein Känguru in der Taiga aussehe. Pass, Kfz-Papiere, Visitenkarten, sonstige wichtige Papiere, das kleine Handy und die Digitalkamera, all das hat Platz in der kleinen Tasche. Neben den strittigen modischen Fragen hat die Tasche sicher auch ihr Gutes. Mit einem Griff kann man alle wesentlichen Papiere greifen wenn man auf die Straße geht. Oder man kann, und das ist weniger positiv, mit einem Schlag alle Papiere auch verlieren, so wie ich das gemacht habe.
Im Supermarkt die Tasche kurz abgestellt, sich umgedreht, die Tasche vergessen und ... man ist beim Hauptmann von Köpenick gelandet. Der hatte seinerzeit ja auch keine Papiere. Und deshalb griff er zum Verzweiflungsmittel und ließ das Rathaus Köpenick in der Hoffnung besetzen, sich hier einen Pass beschaffen zu können. Also ich war meine Papiere, d.h. Führerschein - zum dem vielleicht demnächst - und Kfz-Schein und die Digitalkamera erst mal los. Die Geldbörse hatte ich der Tasche nicht anvertraut - zum Glück.
Was macht man ohne Papiere in Rußland? Mein Rat: Erst mal die Ruhe bewahren. Der Verlust ist zwar ärgerlich, führt aber nicht mehr unbedingt dazu daß man nach Magadan oder auf die Solovietsky-Inseln verbracht wird. Ein Anruf bei der Botschaft bringt Licht in die Sache. Wie ist also vorzugehen:

1. Verlustanzeige bei der Miliz

2. Mit dieser Verlustanzeige zur Botschaft. Die fertigt ein besonderes Ausreisepapier aus mittels dessen man das Land verlassen kann, Kosten 750 Rubel und zwei Passbilder sind mitzubringen. Und in diesem Zusammenhang gleich der Hinweis, Handys, MP3-Player und sonstige elektronische Gadgets dürfen NICHT in das Gebäude der Konsularabteilung der Botschaft mitgenommen werden, aber das nur ganz am Rande.

3. Hat man ein Mehrfachvisum in dem verloren gegangenen Pass, dann kann man versuchen dieses Visum in den neuen Pass übertragen zu lassen. Ob das gelingt hängt von der Botschaft im Heimatland ab.

Soweit das Offizielle. Hier nun die inoffizielle Verhaltensvariante, die manchmal erfolgreich sein kann:

1. Man gehe zum örtlichen Fernsehsender.

2. Dort schalte man eine Laufschriftanzeige die man in den Abendstunden zur besten Sendezeit am besten 2 - 3 Tage hinter einander laufen läßt. Kosten? Ca. 2.000.- Rubel (= 65,00 Euro). In dieser Anzeige bittet man den oder die Finder die Tasche gegen Belohnung abzugeben. Man fügt noch eine Telefonnummer hinzu und dann heißt es:

3. Warten... Vielleicht meldet sich ja jemand. Da hierzulande jeder gern etwas verdient kann man sicher sein den einen oder anderen Anruf zu bekommen. Dann fragt man am besten nach einer wesentlichen Kleinigkeit die nur der Finder wissen kann und auf diese Weise filtert man zugleich „Trittbrettfahrer“ aus. Und dann kommt es zum:


A U S T A U S C H.

Nebelfetzen wabern über die nur spärlich mit einer blaßblaugrauen Lampe erleuchteten Hafenkai ... Na ja, ganz so dramatisch ist es ist. Mein Anrufer will sich nicht namentlich vorstellen. Er habe die Kontaktdaten in dem Supermarkt erfahren in dem mein Täschen sich verabschiedet hat. Nun wolle er die Tasche zurückgeben Wie denn die Sache mit dem Finderlohn so sei? Er bietet 6.000 Rubel als „Einstiegssumme“ an. Unter Berücksichtigung aller erdenklichen Schwierigkeiten und eines eventuellen Deutschlandbesuchs keine schlechte Summe.

Unser Mann aus Pullach ... oder war er aus Moskau?

Ich bleibe recht einsilbig und nicht allzu freundlich, das würde nur die Summe in die Höhe treiben. Ich biete 5.000 Rubel. Wir einigen uns auf die 5.000 Rubel. Unter einer Reklametafel gegenüber dem Supermarkt treffen sich die Austauschwilligen. Der eine will sehen ob man das Geld dabei hat, die andere Partei will sehen ob die Handtasche tatsächlich da ist und auch noch alles Wesentliche enthält (Die Digikamera zählt nicht zum Wesentlichen weil ersetzbar). Am besten geht man zu zweit zu solch einem Treffen. Mein Gegenüber zeigt auf einen Busch in dem sich eine Plastiktüte befindet und darin die Barsetka. Schnell wird der Inhalt der Tasche geprüft. Alles da, die Kamera ist weg weil mein Gegenüber die Kamera vor seiner Tür gefunden habe, wie er mir versichert. Ich verschmerze es. Das Fehlen des Führerscheins ist schon ernsterer Natur. Dafür ist der Pass und der Kfz-Schein da, Gott sei Dank. Schneller Austausch, fast wie im richtigen Agentenfilm. Ich habe wieder etwas gelernt und erinnere mich. Was hat meine ehemalige Sekretärin gesagt ? „Papiere und alles Wesentliche immer am Mann tragen.“ Ok, ich werde wieder zum Känguru.

Was ist sonst noch passiert in der letzten Zeit? Ein erstaunliches „Sterben“ von Elektronik hat in meiner Umgebung Einzug gehalten. Erst geht mein all über all geliebter iPod den Gang alles Irdischen als jemand aus der Familie ihn erst vom Tisch fegt um anschließend darauf zu treten. Dann verabschiedet sich mein rechtes Super-Duper-Xenon-Licht am Auto. M.a.W. die elektronische Variante vom Friedhof der Kuscheltiere hält Einzug rund um mich.

Nu ist er putt, der iPod

Zum Abschluß:

Viktor Zubkov, der Leiter des russischen Komitees für finanzielles Monitoring das im Range eines Ministeriums finanzielle Transaktionen prüft in der Hoffnung Schwarzgeld zu finden oder die finanziellen Quellen der Terrorismusfinanzierung auszutrocknen, ist vom russischen Präsidenten Putin heute als Nachfolger des scheidenden Premierministers Fradkov vorgeschlagen worden. Zubkov kommt aus der Leningrader Riege aus der auch der Präsident stammt. Das russische Parlament, die Staatsduma, wird am Freitag zu einer Sitzung zusammentreten um die Nachfolgefrage zu beraten.

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Samstag, 21. April 2007
Der Rote Oktober lebt ... auf unserem Balkon ... und Business ... "po Russki" ... wo die Kosaken tanzen..Zum Abschluß ... Mülltrennung
Der Rote Oktober lebt ... auf unserem Balkon

Früher hatten die Landwirtschaftskolchosen noch so revolutionäre Namen wie „Kolchos 20. Parteitag“ oder „Roter Oktober“ oder ähnlich. Heute gibt es viele der ehemaligen Kolchosen kaum noch und die Reste ehemaliger Landwirtschaftsbetriebe in unmittelbarer Nähe Moskaus werden „abgewickelt“ damit sich der ehemalige Kolchosdirektor und der lokale Ortsälteste als „developer nedvizhimosti“ - Immobilienentwickler - der Erstellung von „Taunchauses“ und „Kotedzhis“ hingeben und so nebenbei einen erheblichen Reibach machen können.
Derweil wird die ehemalige Belegschaft des Kolchos mit dem Hinweis „deneg njet“ - wir haben keine Kohle - abgespeist worauf sich die so Beglückten der Individuallandwirtschaft auf ihren sog. Nebenerwerbswirtschaften hingeben können um Kartoffeln, Zwiebeln oder andere Erzeugnisse anzubauen. Die können sie dann an Aufkäufer für geringe Summen verkaufen und das Aufgekaufte erscheint dann gleichsam wundersam veredelt auf den städtischen Märkten, diesmal aber zu erheblich höheren Preisen.
Nun hat uns das Kolchosfieber gleichermaßen ergriffen und seit einigen Tagen herrscht der „Rote Oktober“ auf unserem Balkon, soll heißen, wir betreiben den Anbau von Tomaten und Gurken - in Nebenerwerbswirtschaft versteht sich - auf unserem Balkon. Ob die Erzeugnisse allerdings auf städtischen Märkten auftauchen werden, halte ich für mehr als fraglich. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche ist einfach zu klein um auch nur eine Gurke entbehren zu können.
Zur Erntezeit werden die Gurken nebst Tomaten wohl ihren Weg einerseits in frische Salate finden, womit dem dem nachdrücklichen Gebot meines Freundes Klaus-Peter „Jeden Tag etwas Grünes, Gelbes oder Rotes“ zu essen genüge getan werden wird und andererseits auch sein Hinweis auf meine mittlerweile vermurkste, weil dickerbäuchige Figur fehlgehen könnte, wenn und soweit das zum Abnehmen führt. Wir werden sehen.

Balkonkolchos

Andererseits könnten Ernteüberschüsse auch in 3-Liter-Gläser wandern, wo die Tomaten gemeinsam mit den Gurken die Bekanntschaft von Essiglake machen könnten um sich gemütlich auf den Winter einzurichten. Wie dem auch sei, ich halte Euch auf dem Laufenden über die kommende ruhmreiche Schlacht an der Erntefront.

Business ... "po Russki"

Das Verhalten russischer sog. „Businessmeni„ löst im Westen manchmal Verwunderung aus. Das Ankarren größerer Mengen von Mädels in alpine Wintersportorte kann dazu führen, daß man sich als russischer Oligarch unversehens im Polizeigewahrsam wiederfindet. Das würde in Rußland zwar nicht passieren. Da würde die eigene Berühmtheit eher dazu führen daß man Erwähnung in der russischen Yellow-Press findet und daß man den “V.I.P.„-Status unzähligen Moskauer Nachtklubs hinterher geworfen bekäme. Im Westen ist das allerdings anders und da hilft es auch nichts daß man Michael Prochorov heißt, einem Norilsk Nikel, der weltgrößte Nickelhersteller, gehört und daß man nur einmal “richtig feiern„ wolle. Da greift immer noch die in einschlägigen russischen Kreisen mit Unverständnis quittierte Gleichheit vor dem Gesetz.

Wie dem auch sei, russisches Business ist, wenn es westliches Parkett betritt und nicht eben GAZPROM ist und sich einen ehemaligen Kanzler als Repräsentanten leisten kann, noch am Üben. Dieses Üben trifft aber leider auch nicht immer auf die Begeisterung westlicher Beobachter.

Das Business über das wir heute hier berichten wollen, hat seine ersten Schritte auf Westparkett bereits hinter sich und sich dabei - zum eigenen Unverständnis - unbeliebt gemacht. Die Rede soll hier sein von der Firma TVR, die in Großbritannien als kleine aber feine Marke für exklusive Sportwagen bekannt ist. Manch einer bekommt ja bei uns zum Abi oder zur Volljährigkeit ein Auto von seinen Eltern geschenkt. Das soll es auch in Rußland geben und die Pkws die dabei manchmal den Besitzer wechseln sind nicht ganz so ärmlich wie die im Westen geliebten Kleinwagen. Wenn ein Vater es aber ganz richtig machen will, dann bekommt der Sohn eben nicht nur ein Auto, sondern eine ganze Autofabrik, wie das Land etwas größer ist, so fallen auch die Geschenke eben manchmal “etwas größer„ aus.
Nikolai Smolenski war der so zu seinem 24. Geburtstag reichlich Bedachte. Vater Alexander Smolenski, der in der Rubelkrise im August 1998 eine Bauchlandung mit der Bank SBS Agro hingelegt hatte bedachte den Sohn mit der Firma TVR, die ihren Sitz in Blackpool hat. Für lausige 15 Millionen Dollar aus papas Börse wechselte die Firma den Eigentümer und Nikolai hatte auch gleich “napoleonische Pläne„ wie man das hier in Rußland nennt.
Hatte die Firma im Jahre 2005 nicht mehr als 300 Fahrzeuge verkaufen können, so sollte die Produktion auf bis zu 5000 Fahrzeuge erhöht werden. Und das neue Modell “Sagaris„ sollte Nobelmarken wie Aston Martin, Ferrari oder Lamborghini Kunden abjagen.

Nun sichert die Herkunft als Kind, das mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wird, nicht unbedingt auch unternehmerische Qualitäten. Hohe Ausgaben für Werbung, Erhöhung des Verkaufspreises für die Fahrzeuge, was zu einem Einbruch des Absatzes führte taten das ihrige. Zum Schluß war nicht einmal Geld vorhanden um die Mitarbeiter zu bezahlen. Da bekamen die Briten den ersten Eindruck von dem was man Rußland landesweit auch heute noch oft trifft. Und zugleich beschloß Nikolai Anfang letzten Jahres die Belegschaft um 50 % zu reduzieren. All das half nichts. Bis zum Herbst 2006 hatte sich der Schuldenberg auf 40 Millionen Pfund Sterling angehäuft unter ihnen nicht gezahlte Gehälter in Höhe von 2 Millionen Pfund Sterling. Ideen sich mit der Produktion nach Italien zu begeben weil dort Arbeitskräfte billiger sind und auch die Steuern nicht so drücken mußte Nikolai aufschieben. Mit einer Pleitefirma kann man sich nicht so mir nichts Dir nichts aus Großbritannien verabschieden.
Teile der Firma wechselten den Besitzer und wurden an eine Firma namens Blackpool Automotive veräußert. Den Markennamen sicherte sich Smolenski Junior und im Januar 2007 bekam die Firma, oder das was von ihr über ist, einen Konkursverwalter. Ein Kassensturz erbrachte nichts Erfreuliches und die Banken als Kreditgeber kamen überein einem eventuellen Erwerber Schulden in Höhe von 20 Millionen Pfund Sterling zu erlassen. Ende Februar wurde die Firma endgültig veräußert für rund 2 Millionen Pfund Sterling wie inoffizielle Quellen behaupten.

Die genaue Summe wurde nicht veröffentlicht. Das Erstauen war groß als bekannt wurde wer der neue (und zugleich alte) Herr war, der allseits bekannte Nikolai Smolenski hatte irgendwo die Kohle aufgetrieben und die Firma erneut gekauft. Auf diese Weise kann der alte und zugleich neue Eigentümer erneut schalten und walten wie er will. Die bankrotte Firma hat er nun fast schuldenfrei bekommen und kann sie auch verkaufen. In der Zwischenzeit will Smolenski Junior “strategische Investoren„ gefunden haben. Weitere Einzelheiten erspare ich mir mal an dieser Stelle. Bleibt nur die Abschlussfrage auf die russische Geschäftsleute immer wieder stoßen wenn sie Geschäfte mit dem Westen machen wollen. “Warum liebt man uns nicht?„ Nun, diese Frage werden wir uns alle mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, vielleicht weiß ja der eine oder andere eine Antwort darauf.

Wo die Kosaken tanzen

Als ich noch ein kleiner Junge war gab es gemeinsame Fernsehabende mit den Nachbarn am Samstagabend. An solchen Abenden gab es Salzstangen und belegte Brote und gemeinsam schaute man die Sendung mit Hans-Joachim Kuhlenkampf, deren Namen mir gerade entfallen ist und unter dem “Goldenen Schuß„ mit Lou van Burg verstand man damals noch keine Überdosis an Heroin. Den Nachbarn bot man auch schon einmal etwas Exotisches neben den Käsehäppchen auf Plastikspieß an. Meine Oma hatte zu diesem Zweck ab und zu einmal eine Flasche “Kosakenkaffee„ zur Hand, einen braunen süßlichen Likör, den man in kleine Gläser goß, dann fügte man einen Löffel flüssige Schlagsahne hinzu und das ganze begann dann im Glas zu wallen und sah sehr interessant aus. Beworben wurde dieser Wunderlikör mit einem Fernsehspot in dem der Säbeltanz von Khachaturian gespielt wurde.

Damals hatte ich keinen Schimmer daß ich einmal in Rußland landen würde, Khachaturian war mir kein Begriff und daß er eigentlich Armenier und kein Russe ist, habe ich auch nicht gewußt. Aber die Säbel auf dem Flaschenetikett, die Musik ... alles schwer russisch ... jedenfalls wenn man von Rußland keine Ahnung hat.

Und wo tanzen sie nun heute, die Kosaken?

Die "neuen Kosacken" Rußlands

Einiges zur Klarstellung vorab. Erstens sind Kosaken KEINE ethnische Gruppe wie Tataren, Burjaten oder Ewenken um nur einige der nicht-russischen Völkerschaften der russischen Föderation zu nennen.

Kosakengesellschaften als das Sammelbecken ehemals den Gutsherren entflohene Bauern unter der Leitung ihres Ataman (in Rußland) oder Hetman (in der Ukraine) findet man in Rußland am Don, wir erinnern uns an Michael Scholochovs “Stillen Don„, ebenso wie in der Ukraine wo die Saporozher Kosaken in einem Bild mit dem Titel “Die Saporozher Kosaken schreiben dem türkischen Sultan einen Brief„ verewigt worden sind. Das Bild das heute meines Wissens nach in der Moskauer Tretyakov-Galerie hängt, ist eines meiner Lieblingsbilder. Es zeigt eine schon leicht angeheiterte Kosakengruppe die an einem Tisch sitzt und einen Brief an den türkischen Sultan schreibt, der die Kosaken zur Kapitulation aufgefordert hatte. Was die Kosaken dem “sehr geehrten Herrn Sultan„ da antworten kann man auf dem Bild zwar nicht genau erkennen. Allerdings ist den Mienen der Abgebildeten ziemlich eindeutig zu entnehmen was sie von dem Kapitulationsvorschlag halten und welche Gegenvorschläge sie dem Sultan zu übermitteln gedenken. Ich hätte seinerzeit zeitweise gern einmal eine Reproduktion des Bildes in einem unserer Projektbüros mit der Unterschrift “Das Projekt XYZ schreibt einen Brief nach Brüssel„ aufgehängt, aber das ist eine andere Frage.

Die Saporozher Kosaken schreiben einen Brief an den türkischen Sultan

Wie dem auch sei, wo tanzen die Kosaken denn heute? Ehrlich gesagt eine spannende Frage der wir uns in einer der folgenden Blogs widmen werden. Wer allerdings Rußland heute immer noch auf Tundra, Taiga, Balalaika und tanzenden Kosaken reduziert, der muß sich nicht wundern wenn Russen das in gleichem Maße mit der Reduktion Deutschlands auf Mercedes, BMW, Bayern München und lederhosentragende und starkbiertrinkende Schuhplattler auf dem Oktoberfest beantworten.
Die heutigen “Kosaken„ von denen hier die Rede sein soll, tragen auch weder Säbel zur Schau noch reiten sie auf Pferden zu der sehnsüchtig und mit melancholischem Gesichtsausdruck auf sie wartenden Frau mit dem 1-Meter-Zopf heim an den Don.

Die heutigen Tänzer tragen überweite Jeans die ihnen fast in den Kniekehlen zu hängen scheinen, an den Füßen auch keine Reitstiefel sondern die Erzeugnisse von Adidas, Rebook oder Nike. Den Kopf ziert auch keine Kosakenpelzmütze sondern eine dieser Pudelmützen ohne Pudel. Und die wird sich dann so über die Ohren gezogen wie ich es früher mit meiner heißgehaßten Pudelmütze, die mir meine Oma gestrickt hatte, machen mußte, damit “der Junge sich nicht erkältet„. Und so ausgerüstet mußte ich dann zur Schule ... und sah dabei aus wie der Depp vom Lande.

Die neue Art des Kosackentanzes im heutigen Rußland

Heute zieht man sich diese Mützen freiwillig an und sieht damit wie ein amerikanischer Docker, der gerade von einem seiner illegalen Hafenstreiks kommt. Meist ziert die Mütze auch noch eine Firmenaufschrift und so läuft der so “Behütete„ dann auch noch kostenlos Reklame für irgendeine Firma.

Die Zeiten ändern sich eben. Aber verdammt “cool„ sieht es eben aus und als Erkennungsmerkmal einer Gruppe taugt es heute genauso wie seinerzeit der bei uns beliebte amerikanische Parka mit Waschbärfell an der Kapuze, den man aber nur in Verbindung mit dunkelblauen Cordhosen, Nickipullover und weißen Turnschuhen tragen durfte, wenn man nicht dem Stilbruch und der allgemeinen Gruppenächtung anheim fallen wollte.

Heute trafen sich die “Kosaken„ im ehemaligen Pionierpalast von Tver zu einer “Battle„, soll heißen einem Breakdance Wettbewerb, zu dem auch Teilnehmer aus anderen Städten, u.a Moskau und St. Petersburg, angereist waren. Einer der Säle des Pionierpalastes war brechend voll mit den Kiddies und die Musik dröhnte so, daß man sie auf dem Fußweg vor dem Gebäude noch mühelos hören konnte. Unter dem Gejohle des Publikums traten die jweiligen “Kommandas„ gegeneinander an und gute artistische Darbietungen wurden mit dem entsprechenden Applaus gefeiert.
Hip-Hop, Break Dance und Punkertum sind zwar nur Nischen in der russischen Gesellschaft und in den Bereichen mit denen sich Jugendliche befassen, aber es sind die ersten beiden Bereiche die gepaart mit Extremalsportarten wie Kiting, Snowboarding und Skateboarding sich zunehmender Beliebtheit unter Jugendlichen erfreuen. Daß die Anhänger dieser Art des Zeitvertreibs darüber hinaus jegliche Art von Drogen, inklusive Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum, ablehnen, macht sie um so sympathischer in einer Umwelt, in der die Mehrheit es noch immer für außerordentlich “cool„ hält mit der Bierflasche in der Hand durch die Straßen zu gehen.

Dann also “Dawaitje Kosaki, tanzuiete„ Ihr seid der positive Teil der Zukunft dieses Landes.

Mülltrennung

Immer wenn ich nach Deutschland komme muß ich mein in einem 4-semestrigen Grundstudium in Abfallwirtschaft erworbenen Kenntnisse wieder auffrischen. Papier in die grüne Tonne, Plastik in die gelbe Tonne, Glas sortiert nach Farbe in die jeweiligen Container, Restmüll in die graue Tonne, oder war es die blaue? Da ist es doch schön wenn ich im Rahmen der Globalisierung selbst hier in Rußland von den Mülltrennungsregeln der EU profitieren kann. Den nachfolgenden Hinweis fand ich heute in einer Packung für Kopfhörer

immer fein den Müll trennen

Nur welche russische Behörde ist hier zuständig wenn ich den Umkarton eines 5-Eurokopfhörers, oder sollte es der Kopfhörer selber sein, zurückgeben will? Ich denke ich überlasse die Antwort erst einmal der Mülltonne.

Unser Mülleimer ..  Die Antwort auf viele Fragen

Das schlechte Gewissen lege ich mir dann nach Überqueren der russisch-finnischen Grenze demnächst wieder pflichtgemäß zu.

Bis dann also

Eure Abfall-Sau Werner

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Dienstag, 17. April 2007
Ostern ... ein Sheriff sieht "rot" .. der "schnelle Schluck" davor, danach, oder zwischendurch ... und "nie mehr allein"
Vor mehr als einer Woche war das Osterfest in Rußland. Das Osterfest ist *DAS* kirchliche Fest. Während es in der westlichen Welt Weihnachten ist, ist es in der orthodoxen Welt das Osterfest.
Zufällig fiel das russisch-orthodoxe Osterfest mit dem westlichen Osterfest, dem Osterfest der georgischen Kirche und dem der serbisch-orthodoxen Kirche zusammen. Der Termin an dem die russisch-orthodoxe Kirche das Osterfest feiert bestimmt sich nach Stand von Mond und Sonne und dem jüdischen Osterfest und so variiert der Termin jedes Jahr. Das früheste Osterfest kann am 5. April sein während der späteste Termin Anfang Mai liegen kann.
Das Osterfest wird mit einer kirchlichen Liturgie in der Nacht von Samstag auf Ostersonntag begangen. Im Verlauf der Messe zieht die Gemeinde um die Kirche und der Priester ruft „Christus ist auferstanden.“. Die Gemeinde antwortet mit „Er ist wahrhaftig auferstanden.“ Die Messe nimmt mehrere Stunden in Anspruch und da in der orthodoxen Kirche keine Bänke stehen bedarf es schon einiger sportlicher Kondition um die Ostermesse durchzuhalten.

Der traditionelle russische Osterkuchen "Kulitsch" ... hmmm .. lecker

Die Messe aus der Christi-Erlöserkathedrale aus Moskau wird life im Fernsehen übertragen und während der Messe kann man die ganze Elite von Staat und Wirtschaft - mit Ausnahme des Präsidenten - zu Gesicht bekommen.
Ich habe mir das erspart und mir statt dessen eine Ostermesse-Übertragung aus einem kleineren Moskauer Kloster zu Gemüte geführt in dessen Fortgang einiges zum Osterfest, zu den kirchlichen Ritualen und zur russisch-orthodoxen Kirche erklärt wurde. So habe ich gelernt, daß das Osterfest seit der Zeit Peters des Großen bis zur Oktoberrevolution sogar mit einem Feuerwerk begangen wurde. Zur Sowjetzeit wurde Ostern nicht mehr offiziell gefeiert und nur zur Zeit des „Großen vaterländischen Krieges“ - des 2. Weltkrieges - wurde die Kirche unter Stalin instrumentalisiert um die letzten vaterländischen Gefühle zu wecken. In der Zeit durfte die Kirche auch ihre Ostermesse - zumindest in Moskau - feiern. Die Christi-Erlöserkathedrale die vor einigen Jahren wieder an dem Platz steht an dem früher ebenfalls eine Kathedrale gestanden hat, wurde unter Stalin gesprengt um Platz für einen Monumentalbau am Ufer der Moskva zu schaffen. Allerdings stellte sich bei den Bauarbeiten heraus, daß der Untergrund nicht genug tragfähig war so daß man schließlich gezwungen war auf den Monumentalbau zu verzichten. Das Fundament war allerdings schon ausgehoben und so machte man aus der Not eine Tugend und schuf ein Ganzjahresschwimmbad am Ufer der Moskva. Unter offenem Himmel konnten die Moskoviter das ganze Jahr über schwimmen.
Unter Bürgermeister Juri Lushkov, dem energischen Bürgermeister Moskaus, hat sich viel getan in der Stadt und Moskau, die Partnerstadt Berlins, die im Gegensatz zur Känguruh-Town Berlin - große Sprünge aber nix im Beutel - keinerlei finanziellen Probleme hat, sondern eine absolute Boomtown ist, stürmen die Immobilienpreise in den Himmel. Unter Herrn Lushkov und seiner Frau Jelena Baturina, die ganz nebenbei die reichste Frau Rußlands ist, wurden Pläne gemacht die Christi-Erlöserkirche wieder auferstehen zu lassen. Um das Stadtbudget nicht unnötig mit den Kosten dieses Prachtbaus zu belasten wurden Spenden gesammelt und wer sich gutstellen wollte mit der Stadtverwaltung war gut beraten sich, mit namhaften Beträgen am Wiederaufbau der Kathedrale zu beteiligen.
Wer in Moskau ist, sollte sich einen Besuch der beeindruckenden Kathedrale nicht entgehen lassen.

Und ganz nebenbei ist nicht nur der Herr auferstanden, auch meinen iPod hat es zurückverschlagen ins Leben ... nachdem er so eine Woche am USB-Anschluß meines Rechners gehangen hatte, Ostern, das Auferstehungsfest eben.

Ein Sheriff sieht rot .. Showdown auf dem Highway...
Um keinen falschen Eindruck zu erwecken sei es hier vorweg angemerkt. Russische Polizisten sind unterbezahlt und viele der Militsionäre - so heißen die Polizisten hier - versehen klaglos ihren Dienst um das anwachsende Chaos auf russischen Straßen in erkennbaren Grenzen zu halten, das sich anderenfalls noch weiter entfalten würde. Bekannt ist auf der anderen Seite auch, daß russische Militsionäre schon einmal „kreative Wege finden um ihr kärgliches Gehalt aufzubessern“. Das soll hier aber nicht der Punkt sein um den es geht. Interessanter war mir auf meiner letzten Fahrt nach Moskau einer dieser „Sheriffs“ die vereinzelt in der russischen Militsia zu finden sind. Blau- und Rotlicht auf dem Dach des Dienstwagens scheint ihnen eine Art von Unantastbarkeit zu verleihen vor der viele Bürger einzuknicken scheinen. Bei der letzten Fahrt hatte ich das besondere Vergnügen die ganzen Vielfalt dieser „rechtswahrenden Organe“ zu begutachten.

Die russische Polizei mal etwas lockerer

das war er übrigens NICHT

Von Tver nach Moskau sind es rund 160 Km und wenn man alle Verkehrsregeln beachtet, so z.B. die 60-Km/h Grenze für Fahrten durch Ortschaften, dann kann so eine Fahrt schon einmal drei Stunden in Anspruch nehmen - sofern kein Stau ist.
Ich fahre also meine 60 Km/h und überhole einen der alten Diesel-Lkw die mit ihrer Abgasfahne schon von weitem von ihrem Vorhandensein künden. Hinter mir kommt ein Militsia-Fahrzeug (ohne Sirene oder Blau-Rotlicht) mit hoher Geschwindigkeit heran. Wohin? Ich beschließe den Überholvorgang ordnungsgemäß abzuschließen. Da habe ich den „Sheriff“ des Moskauer Bezirks nicht gekannt. Erst wird die Lichthupe benutzt, dann wird so dicht aufgefahren daß das Nummernschild schon nicht mehr zu sehen ist. Dann folgt ein „Tröt-tröt“ mit dem Außenlautsprecher und als das nichts fruchtet - irgendwie habe ich wohl ein „Vergiß-Es-Syndrom“ in dem Moment - wird das Blaulicht eingeschaltet. In dem Moment bin ich aber schon am Diesel vorbei und fädele wieder auf die rechte Fahrspur ein. „Kapitän Wichtig“ scheint außer sich zu sein daß ein Pkw es wagt sein Schumacher-Rennen zu behindern und im Überholen schlenkert er „mal kurz“ auf meine Spur um mir zu zeigen wer hier „der Herr “ ist. Dann tritt er das Gaspedal wieder voll durch und entschwindet bald aus meinem Blickfeld. Zehn Minuten später steht der Audi A8 mit dem blauen Nummernschild der „rechtswahrenden Organe“ vor einer am Straßenrand befindlichen Kneipe. Na ja, vielleicht hat die Blase gedrückt, wer weiß das schon.
Am gleichen Tag stellt sich ein weiterer „Sheriff“ mit seinem Auto mitten in Kreuzung, nachdem er alle an der roten Ampel brav Wartenden überholt hat und wartet auf das grüne Licht der Ampel - mitten in der Kreuzung.
Drei weitere niegelnagelneue Polizeifahrzeuge fahren mit Blaulicht und mindestens 100 Km/h durch eine 40 Km/h-Zone die zugleich mit dem Schild „Vorsicht Kinder können die Fahrbahn kreuzen“ ausgeschildert ist. Mein Bedarf an Rowdytum bei der hiesigen Militsia ist für den Tag gedeckt. Wie soll Verkehrsdisziplin entstehen wenn die Gesetzeshüter öffentlich demonstrieren was sie von Recht und Gesetz halten, das ist eine Frage die in Rußland bisher noch ohne Antwort ist.

Schnellschluck ... oder „Haben Sie ein Problem mit Alkohol?“ „Nein, nur ohne“

Rußland ist, soweit man der Weltgesundheitsorganisation glauben darf, führend beim Konsum „harten“ Alkohols. Der hohe Alkoholkonsum ist schon seit Urzeiten ein Problem und die verschiedensten Ansätze russischer Regierungen den Alkoholkonsum zu begrenzen werden von der Bevölkerung immer wieder ad absurdum geführt.
Versuche den Alkoholkonsum unter Michael Gorbatschow zu begrenzen führten dazu, daß einerseits der Zucker knapp wurde, weil weite Teile der Bevölkerung auf Selbstgebrannten auswichen, den sogenannten „Samogon“, ein Getränk das, wenn es fachmännisch hergestellt wird sich durchaus mit fabrikmäßig hergestellten Wodka durchaus messen kann.
Andererseits veranlaßten voreilige lokale Politiker in vorauseilendem Gehorsam daß ganze Weingebiete vernichtet wurden. Damit wurden zum Teil hochwertige Reben vernichtet und die Bevölkerung dieser Gebiete die traditionell vom Weinanbau lebte, stand mit einem mal ohne Einkommensquellen da.
Die vernichteten Rebstöcke führten andererseits dann dazu, daß der Wein dieser Gebiete urplötzlich und zum Erstaunen aller wieder auf dem Markt auftauchte - als fragwürdiger Panschwein aus unerfindlichen Quellen. Der wurde dann zu Originalpreisen „unters Volk gebracht“. Die Folge ist, daß heute kaum mehr jemand den einheimischen Weinen traut die mit dem Siegel „abgefüllt in Moskau“ auf den Markt kommen. Billiger Wein aus Moldavien, Bulgarien, Italien und Spanien sowohl als auch französischer Wein tun das Ihrige um hochwertigen russischen Weinen, soweit sie noch zu haben sind, das Wasser abzugraben. Auch „deutscher“ Wein findet sich im Angebot. Allerdings kann kaum ein Einheimischer lesen was da in deutsch auf den Etiketten steht. Da heißt es dann „hergestellt aus Weinen der Europäischen Union“. Und das kann alles bedeuten wie wir seit dem Weinskandal wissen. Der russische Verbraucher freut sich und kauft es trotzdem, ist ja „Made in Germany“. Deutsche Qualitätswinzer und Hersteller qualitativ guter Massenweine verschlafen derweil den Markt.

Aber nicht Wein, sondern Wodka ist das was man gemeinhin mit Rußland in Verbindung bringt. Wodka gibt es in fast jedem Supermarkt. Die Versuche der russischen Regierung den Alkoholmarkt, insbesondere den illegalen, in den Griff zu bekommen sind so vielfältig wie das Wodkaangebot selbst. Im Gegensatz zu manchen angebotenen Wodkasorten sind die Regierungsmaßnahmen allerdings weniger durchschlagend.
In manchen Läden findet man heute noch separate Abteilungen für den Verkauf von Alkohol und Zigaretten. Diese Abteilungen stammen aus einer Zeit als ein Regierungserlass die Einrichtung separater Abteilungen verordnete. Hochpreisige Angebote stehen überall in abschließbaren Schränken um den „Schwund“ in erträglichen Grenzen zu halten.
Alkohol wird mit Steuerbanderolen versehen. Leider haben diese Banderolen den unerwünschten Nebeneffekt daß sie nicht immer von der Druckerei dorthin gelangen wo sie hin sollen. Der Schwund an Akzissenmarken war teilweise so stark, daß sich die Regierung kurzer Hand entschloss neue Marken auszuteilen und die alten Marken ab einem bestimmten Datum für ungültig zu erklären. Als Folge mußten die mit einer Altbanderole versehenen Alkoholbestände an den Hersteller zurückgegeben werden um dort neu etikettiert zu werden. Als kleine weitere Nebenfolge kamen die Hersteller dabei manchmal in den Besitz von Produkten die entweder außer dem Etikett der Flasche nichts mit der Originalabfüllung zutun hatten oder die beim Transport in den Handel mal eben „von Lkw gefallen“ waren und nun auf wundersame Weise wieder beim einstigen Versender auftauchten.
Ausländische Hersteller waren besonders betroffen, denn die ausländischen Erzeugnisse, die bereits verzollt waren, mußten Rußland wieder verlassen. Man kann sich denken daß es viele kreative Lösungen gab um dieses Prozedere zu umgehen. Heute soll eine zentrale Datenbank in der alle Chargennummern und Banderolennummern registriert sind für Ordnung sorgen. Leider erlauben die örtlichen Telekommunikationsleitungen nicht immer den Zugriff auf diese Datenbestände. Aber schön aussehen tut es allemal schon wenn man mit Hightech auf Jagd nach illegalem Fusel geht. Leider löst das keine Probleme.
Gegen Ende letzten Jahres nahm der Konsum illegalen Alkohols, u.a. auch von Methylalkohol solche Formen an, daß in 10 Regionen der örtliche Notstand in den Krankenhäusern ausgerufen werden mußte. Die überlebenden Alkoholabhängigen hatten wahllos alles konsumiert was den Kopf zum Drehen bringt und sich ganz nebenbei erklägliche Leberschäden zugezogen. Andere hatten weniger Glück und waren an dem Fusel verstorben.

Für den kleinen Durst zwischendurch

Geschüttelt ... und nicht gerührt ...
Wodka kann man in den verschiedensten Preislagen erwerben. Von der Marke „Gleichblind“ die außer dem Namen nichts mit Wodka gemein hat, sondern bei der er sich um Industriealkohol handelt, bis hin zu hochpreisigen Erzeugnissen die auch schon einmal im Bereich von 600 Rubel oder höher angeboten werden, kann man alles finden.
Ich habe neulich für einen Zehntel Liter Wodka im Jogurtbecher 3 Rubel 80 Kopeken bezahlt s.o. Das macht 38 Rubel, also etwas mehr als einen Euro, für einen Liter dieses zweifelhaften Erzeugnisses das damit nur geringfügig teurer als Milch mit 3,5 % Fettgehalt ist. Der Verkauf von Wodka in dieser Verpackung ist schon seit langem nicht mehr erlaubt aber die Steuerbanderole zeigt daß alles seine Richtigkeit hat. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um ein Angebot für all diejenigen die nicht mehr in der Lage sind einen Schraubverschluss ohne Verschütten zu öffnen, der „Aufreißer“ als Helfer in der Not also.
Woran erkennt man nun also „guten“ Wodka? Keine Ahnung ehrlich gesagt. Hat man eine Flasche „guten“ Stoffs gefunden, ab 90 Rubel aufwärts für den halben Liter, dann kann man nicht unbedingt sicher sein daß die nächste Charge nicht aus einem Kellerlabor stammt, leider. Einheimische behaupten daß man die Flasche verkehrt herum halten soll und sie dann mit kreisenden Armbewegungen drehen soll. Bilden sich dann kleine Bläschen in dem entstehenden Trichter dann sei das ein Zeichen daß der Wodka jedenfalls einigermaßen o.k. sei. Wer es glaubt ...
Der nach Deutschland exportierte Wodka der Firma „Kristall“ aus Moskau, Handelsname „Stolichnaya“ ist jedenfalls o.k., keine Bange. Und hier konsumiere ich, wenn es denn sein muß Wodka der Firma Veresk, und den gibt es leider nicht im Export.

Krasnie Gorki
Letzten Sonntag wurde die Osterwoche offiziell beendet. Das Ende der Osterwoche heißt „Krasnie Gorki“ und dieser Sonntag ist der Tag der nach dem Glauben der Russen am besten zum Schließen einer dauerhaften Ehe geeignet ist. Daher sieht man an diesem Tag auch ausgesprochen viele Hochzeitspaare. Nach einem anderen Glauben bleibt der / die, die an diesem Tage noch ohne Partner ist, das ganze Jahr über allein. Also heißt es sich ranhalten wenn das Jahr nicht zum Jahr des Singles werden soll.

Na dann, bis demnächst

Werner

P.S. der Wodka wurde übrigens NICHT getrunken sondern zum Reinigen als Spiritusersatz genutzt aber auch da konnte er nicht allzu sehr punkten. Die zweite Ration kommt in die Scheibenwaschanlage des Autos. Mal sehen wie er sich da macht und ob das Plasik überlebt.

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Mittwoch, 14. März 2007
"Habn wa nich " ... Haben wir nicht (mehr)
Draußen Sauwetter, es taut und man hat die Wahl zwischen „leicht dreckigen“ und „ganz dreckigen“ Schuhen. Schuhe putzen - fast eine Zeitverschwendung. Die elektronische Post bietet auch nur eine Auswahl von Uhrimitationen, Verlängerungen für was auch immer und „Werden Sie gestern reich“.

Heute nur Müll in der Post

Also eine gute Zeit sich um den WEB-Blog zu kümmern.

Einkaufen in Rußland war früher so „spannend“ wie Einkaufen in der DDR, „Habn wa nich ...“, verbunden mit einem sauren Gesichtsausdruck war an der Tagesordnung. Milchprodukte z.B. gab es in zwei Varianten, der von gestern und der noch älteren. Viel hat sich seitdem geändert.

Zwar findet man auch heute noch kleine, vornehmlich in ländlichen Gebieten, Läden, in denen der Abakus an Stelle eines Taschenrechners steht und in denen das Warenangebot nicht allzu umwerfend ist, aber in der Regel kann man heute so ziemlich alles bekommen ... vorausgesetzt man hat das nötige Kleingeld.

So sieht ein russischer Kassenzettel aus ... wer hätte es gedacht

Und wie sind die Preise? Nun, ich kann hier keine generelle Aussage treffen, nachfolgend die Preise während eines Einkaufs hier vor Ort:

Quark mit Früchten (2 Pckg.) = 33,40 Rubel

Jogurt mit Früchten (4-er Packung) = 26,00 Rubel

Bier (2 Dosen) = 40,40 Rubel

Milch im Tetrapack(1 l) = 19,70 Rubel

Nescafé (1 Dose) =109,20 Rubel

Cola ( 1 Flasche / 1 l) = 33,40 Rubel

Kartoffelchips = 42,40 Rubel

Mineralwasser = 10,80 Rubel

Kartoffelchips = 43,40 Rubel

Zeitung = 10,40 Rubel

Wodka (1 Flasche 0,5 l) = 126,60 Rubel

Summa summarum = 495,50 Rubel

Das sind bei einem Eurokurs von 34,45 Rubel / Euro

14,38 Euro.

Klingt nicht viel aber bei einer Entlohnung von 5.000,00 Rubel = rund 145 Euro ist das schon eine ganze Menge. Also ist die Suche nach dem billigsten Angebot Teil des Lebens eines Großteils der Bevölkerung. Man deckt seinen Bedarf auf dem Markt ein, der vielen vermeintlich billiger erscheint, in Wahrheit aber oft die gleichen, wenn nicht oft gar höhere Preise hat als das Geschäft.

Der „Markt“ - nicht der für die Dinge des täglichen Lebens, hatte heute seine besonderen Tücken. Infolge des Tauwetters das seit gestern herrscht, tauten wohl in der letzten Woche auch die Börsenwerte für Fonds. An der Moskauer Börse, wie auch an den westlichen Börsen fielen die Werte für diese Anlageformen und die Nachrichten waren voll von Meldungen über den Verlust. Aber auch hier galt, wie in so manchem anderen Fall der gute alte Satz „Ihr Geld ist nicht weg - es ist nur woanders“. Da ich aber beim Börsenmonopoly nicht mitmische konnte mich dieser Sachverhalt nicht sonderlich erschüttern. Grund für den Kursrutsch war die chinesische Börse. Rußland ist also schon gut in die Weltwirtschaft integriert wie man sieht.

Aber auch auf dem „richtigen“ Markt hat es seine Tücken. Infolge des Tauwetters wären auf dem Markt Gummistiefel der Renner, leider bot sie aber keiner an. Um sich irgendwie bewegen zu können hat man ausgediente Europaletten in die übergroße Pfützen gelegt. Also hangelten sich die Marktbesucher von Palette zu Palette, ein wenig kommt beim Einkauf auf dem Markt ein „Venedig“-Gefühl auf.



Der „richtige“ Markt steht seit längerer Zeit unter der besonderen Aufmerksamkeit der Regierung. Der nach hiesiger Ansicht hohe Anteil ausländischer Verkäufer, vornehmlich aus den Regionen des Kaukasus und angrenzender ehemaliger Sowjetrepubliken, soll schleunigst geändert werden. Die Ausländerbehörde (Migrationaya Sluzhba) macht daher Razzien auf den Märkten um illegale Arbeitskräfte aufzuspüren. Diese Razzien sind - für deutsche Verhältnisse - unerklärlich schwierig. Die Marktbetreiber haben nämlich eigene Sicherheitsdienste und eben diese Sicherheitsdienste, die sich sehr fürsorglich um die „Sicherheit“ der Einkünfte ihrer Herren kümmern, verwehren der Ausländerbehörde den Zutritt auf die Märkte, teilweise unter Anwendung von Gewalt. Selbst gegen die zum Teil eingreifende Militsia gehen die "Sicherheitskräfte" vor, wie man es neulich selbst im Fernsehen miterleben durfte. Auf diese Weise will man den Illegalen, die zu Hungerlöhnen auf den Märkten arbeiten, die Möglichkeit bieten schnell noch zu verschwinden und ganz nebenbei schützt man auch noch die "Marktmafia" die auch an den Illegalen verdient.

Was gab es sonst noch? Richtig, es war „Frauentag“, der in Rußland am 8. März gefeiert wird. Das ist die russische Form des „Muttertages“ aber im Gegensatz zum Muttertag, der eben eine „Mutter“ voraussetzt, werden am 8. März alle Frauen gefeiert, ungeachtet der Frage ob sie Mutter sind oder nicht. Schon am 7. März feiert man am späten Nachmittag in den Betrieben. Und am 8. März ist ein freier Tag. Die Männer beschenken ihre Liebsten und ein Blumenstrauß gehört obligat dazu. Das hat zur Folge, daß die Blumenpreise an den Tagen vor diesem Tag unerklärlich schnell in die Höhe treiben. Der 8. März könnte daher auch „Tag des Blumenhandels“ heißen. Eigentlich scheint der Tag aber schon seit längerem seinen Sinn verloren zu haben, fast so ähnlich wie Weihnachten bei uns. Ähnlich wie der Weihnachtskaufrausch im Westen, oder der Neujahrskaufrausch in Rußland, hat der 8. März seinen Kaufrausch entwickelt. Preisnachlässe werden verkündet. Ob sie tatsächlich existieren weiß meist nur der Unternehmer der diese Nachlässe verkündet. Wahrscheinlich gehören sie aber ebenso in den Bereich der Fabel wie die auch sonst überall verkündeten Preisnachlässe.

Es war mal wieder Frauentag ... Hoch leben die Frauen

Gut, auch diesen Tag haben alle überlebt, insbesondere die Frauen, die sich nun wieder „voll ins Zeug“ legen dürfen. Na dann ... legen wir uns alle wieder ins Zeug. Bis dann

Werner

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Samstag, 24. Februar 2007
Von Extremistentreffen, dem "Tag der Vaterlandsverteidiger" und russischer Zoologie
Nein, hier soll nicht geredet werden von Bin Laden oder dem Konflikt im Kaukasus. Die Extremisten von denen hier zu erzählen ist, sind die russischen Anhänger der sog. „Extremsportarten“.

Kiting auf der Wolga

Dazu zählen u. a. Snowboarding dem man hier nachgehen kann. Ein Snowboard geeignetes Gelände, Chyprianovka, befindet sich ca. eine halbe Autostunde von Tver entfernt und wer kein Auto hat, der kommt auch mit der Bahn dorthin. Weiterhin gehört zu diesen Sportarten auch Kiting, also Ski- oder Snowboardfahren mittels eines Gleitschirmes, sowie Deltaplaning, also Drachenflug mit Motorkraft oder auch die Nutzung von Gleitfallschirmen mittels Motorkraft. Das sieht dann aus als ob Karlson mal zu Besuch vom Dach gekommen wäre.

Karlson vom Dach landet

Am Wochenende hatten sich die Anhänger dieser Zunft in Konakova, ca. 120 Km nordwestlich von Moskau am Ufer der zugefrorenen Wolga getroffen. Zu den Programmpunkten gehörten u.a. ein Marathonkitingrennen, Konakova - Dubna - Konakova bei dem die Teilnehmer sich auf Skiern oder Snowboards mittels Gleitschirm vom Wind ziehen ließen. Die Distanz mehr als 40 Km. Letztlich kein Wunder daß sich die „Extremisten“ hier trafen, hieß doch ein benachbartes Dorf „Karl Marx“.

Das Dorf "Karl Marx" im Bezirk Tver

Karl Marx war allerdings trotz intensiver Suche unter den Teilnehmern nicht auszumachen.

Außerdem war gestern der „Tag der Roten Armee“ oder „Tag der Sowjetarmee“. Und seit es weder „Rote Armeen“ gibt in Rußland noch „Sowjetstreitkräfte“ zu haben sind, seit dem heißt der Tag „Tag der Vaterlandsverteidiger“ und so konnte ich, obwohl bekennender Kriegsdienstverweigerer, den Tag mitfeiern. Dieser Tag, der immer am 23. Februar begangen wird, ist so etwas wie „Vatertag auf Russisch“. M.a.W. die Frauen verwöhnen die Männer, es gibt kleine Geschenke, kalte Buffets und alles in allem ist es ein - für die Männer - sehr schöner Tag.

Torte mit der Aufschrift "Mit Liebe"

Das Fernsehen überschlägt sich in patriotischen Sendungen, vorzugsweises Thema, „unsere Jungs“ und die Armee, wer hätte es gedacht. Auch der Präsident hielt eine Lobrede auf die bewaffneten Kräfte im Rahmen einer offiziellen Feierstunde die dann in eine Fernsehshow überging.
Den „Vaterlandsverteidigungstag“ nutzten einige kreative russische Fernfahrer auf ihre Art indem sie auf der Trasse Moskau - Chabarovsk um kurzerhand ein nicht genehmigtes Lkw-Rennen organisierten und durchführten. Daher war die Trasse für einige Stunden blockierten. Man stelle sich das mal auf der Autobahn Berlin - Hannover vor. Aber die Russen neigen eben schon ab und zu mal zu „Extremsport“. Die Polizei störte bald die Veranstaltung und löste sie einfach auf. Jetzt ist allerdings schon klar daß es ein offizielles Brummi-Rennen auf der besagten Trasse geben wird, am 8. März, dem Frauentag. Ob das Rennen zu Ehren der russischen Frauen ausgetragen werden wird, ist noch unklar. Klar ist nur, daß das Rennen im Bezirk Irkutsk stattfinden wird.

Die Männer sollten sich in der Zwischenzeit nicht allzu sehr ausruhen. Am 8. März kommt der „Internationale Frauentag“, der wohl nur noch in der ehemaligen Sowjetunion gefeiert wird und weil die ja bekanntlich in zahlreiche eigenständige Staaten zerfallen ist, darf man das Attribut „International“ wohl weiterhin zu Recht benutzen.

Und das sei noch als Abschluß erwähnt. Alle reden in der westlichen Politik vom „Russischen Bären“ wenn über Rußland geredet wird. Und in früheren Zeiten konnte man die Bewohner westlicher Staaten auch gut mit diesem „Russischen Bären“ das Fürchten lehren. Aus eigener gestriger Erfahrung kann ich allerdings sagen, schlimmer als der russische Bär ist der russische Kater. Dann bis zum nächsten Wochenende wenn wir uns der Frage zuwenden, was gibt es im russischen Supermarkt und was kostet der Spaß?

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Montag, 18. Dezember 2006
Weit weg von der Zivilisation ...
Es hat geklappt. Die Fahrt Petrozavodsk - Tver war von einem Zwischenaufenthalt in St. Petersburg gekrönt. In einem kleinen Hotel "Swiss-Star", an der Moika gelegen, unweit des Senatsplatzes, haben wir übernachtet. Das vollgepackte Auto stand derweil in einem Parkhaus mit Wucherpreis, aber immer noch besser als Nachts "Besuch" im Auto. Am nächsten Tag erklärt mir der Parkwächter daß ich mich einfach an der Kasse hätte melden müssen und schon ware ich in den viel günstigeren Nachttarif gekommen. Ein Hinweis darauf an der Einfahrt fehlt, tja, so kann man Geld machen.

Am nächsten Tag weiter nach Tver, wo ich nun ein einem Internetcafe sitze und die Internetverbindung ist quäland langsam. Gott sei Dank habe ich jetzt schon mal wieder Internet angemeldet, aber auch das nur über Modem, die Vorsteinzeit läßt grüßen.

Wie war das gleich noch mit dem Nationalprojekt "Internet" in Rußland? Alle Schulen sollen ans Netz. Wenn sie dann auch so "berauschende" Geschwindigkeiten haben wie hier dann ist das Projekt schon "dead on arrival". Ach ja die Telekommunikationsinfrastruktur, sie hat, wenn an einmal von Moskau und St. Petersburg absieht, etwa die gleiche Qualität wie die Straßen. Wie man so eine Wirtschaft jenseits von Moskau ins Laufen bringen wil bleibt ein Geheimnis. Rußland, es gibt noch viel zutun.

Ok, dann bis demnächst

Werner

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Montag, 23. Oktober 2006
Pizzadelivery ... oder .. der Fortschritt hält Einzug in der Provinz
Heute war es soweit. Das Pilotprojekt "Pizzadelivery" wurde in Angriff genommen. Dabei handelt es sich entgegen vielleicht westlichen Vorstellungen nicht um den Codenamen eines äußerst geheimen KGB-Plans, sondern um das Bestellen einer Pizza mittels Pizzalieferdienst.

leicht verrutscht aber warm geliefert

Bisher hatte wir uns ab und zu Mittagessen ins Büro bestellt. Aber hatten wir als Lieferzeit 13.30 genannt konnte man fast Wetten darauf abschließen daß die Lieferung irgendwann zwischen 12.45 und 13.20 erfolgt. Die Temperatur des so Gelieferten erinnerte auch mehr an den Permafrostboden nördlicher Breiten, m.a.W. noch viel Nachholbedarf im Bereich Kundendienst, oder wie es jetzt Neudeutsch heißt "Supply Chain Management Probleme".

Aber heute sollte es eben eine Pizza sein. In 40 Minuten sollte das gute Teil bei uns eintreffen und - oh Wunder - es traf rechtzeitig ein und war - 2. Wunder - auch warm. Daß der Bote die Speisekarte, die wir auch bekommen sollten, im Auto vergessen hatte, wollen wir mal schnell wieder vergessen zumal der Ärmste dann die Treppen nochmals hinaufeilte um uns mit den versprochenen Informationen zu versorgen.

Und als Draufgabe haben wir dann noch Gutscheine bekommen die bei der nächsten Lieferung einen 10%-Rabatt garantieren. Man sieht, so geht's auch, auch in der russischen Provinz.

Damit sind die landläufigen Vorstellungen von einem Rußland in dem an jeder Straßenecke jemand mit einer Balalaika sitzt, melancholische Lieder am Rande der Taiga singt und sich ab und zu an der vor ihm stehenden Wodkaflasche gütlich hält, während ein Bär die Hauptstraße entlang trottet, endgültig in das Reich der Fabel zu verbannen.

Allerdings frage ich mich immer noch was meine Sekretärin wohl meinte als sie mir aus dem Lebensmittelladen von gegenüber einen Saft mit der Aufschrift "Erhalte Deine Jugend" mitbrachte. Ist es schon soweit?

Wer weiß, vielleicht hift's ??

Wie dem auch sei

einen schönen Tag aus dem verregneten Karelien

Poka

Werner

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Donnerstag, 19. Oktober 2006
Das war der ALDI ... oder LIDL ... und was das mit einem Zeitsprung zutun hat
Schnee ist in Karelien gefallen. Wenn man den offiziellen Berichten glauben darf haben wir schon ein Drittel der jährlichen Schneemenge hinter uns. In der Zwischenzeit habe ich sogar geschafft die Spikesreifen zu montieren, Fortschritt auf allen Wegen. Aber nun zum eigentlichen Thema.

Ja alle warten jetzt bestimmt schon mit Spannung wie es denn nun war ... beim ALDI. Also will ich mein Publikum nicht enttäuschen, hier also der Bericht.

Freitag den 6. Oktober. Wir starten mit der "üblichen Verspätung" von 5 Stunden. Anstatt um 15.00 machen wir uns um 20.00 Uhr auf den Weg durch Karelien Richtung finnischer Grenze. Eine Nachtfahrt in Rußland "hat was". Man muß höllisch aufpassen. Da die Leute sich hier alle "modisch" anziehen sind sie alle schwarz gekleidet, oder mausgrau oder sonstwie dunkel. Einen Fußgänger auszumachen ist also ein gutes Stück Arbeit, daher heißt es laaaangsaaaaaam fahren, besonders in den Ortschaften in denen nur selten Straßenbeleuchtungen brennen.

Nach rund vier Stunden sind wir am Grenzübergang. Mucksmäuschenstill alles, niemand zu sehen. Wo ist das Personal? Gute Frage. Nach und nach finden sich im Rahmen einer halben Stunde alle nacheinander ein, Zoll, Grenzwache. Alle wirken ein wenig verschlafen gemäß dem russischen Grundsatz "der Soldat schläft, der Dienst geht weiter." Nach weiteren 15 Minuten ist alles überstanden, gegen 00.45 russischer Zeit überschreiten wir die Grenze nach Finnland und ... werden um einen Tag zurückversetzt. Finnland hat einen Zeitunterschied zu Rußland von einer Stunde. Wenn es in Rußland 00.45 ist, dann ist es in Finnland 23.45 des Vortages, m.a.W. wer den Film "und ewig grüßt das Murmeltier" kennt, der weiß was ein Zeitsprung ist. Und genau den haben wir gerade hinter uns gebracht.

Die finnische Grenzabfertigung geht einigermaßen zügig vonstatten. Um 00.05 finnischer Zeit geht es weiter nach Joensuu. Das Hotel hat den Schlüssel, wie üblich, unter der Eingangsmatte versteckt. Mittels Türcode kommen wir in das Hotel, Schlüssel unter dem Teppich hervorgefummelt. Noch ein Bier, ich falle todmüde ins Bett.

Der nächste Morgen. Schnell gefrühstückt und auf gehts shoppen. Das Ziel der Wünsche ist schnell erreicht. Das soll aber nicht heißen daß wir nun die Einkaufsliste auspacken und sie zügig abarbeiten um uns dann sinnvolleren Dingen des Lebens hinzugeben. Männer und Frauen kaufen eben unterschiedlich ein und nach alledem was ich weiß ist da auch kein Unterschied zwischen russischen Frauen und Frauen aus dem Westen. Beide gehen in den Laden um "schnell was zu besorgen". Das "schnelle Besorgen" von zwei oder drei Sachen erledigt sich dann im optimistischen Fall innerhalb einer halben Stunde, wenn es mehr sein soll dann kann sich der Einkauf auch schon einmal auf lockere zwei Stunden ausdehnen, so wie jetzt. Ich überbrücke die Zeit mit einigen Tassen Kaffee in der kleinen Kantine des Einkaufszentrums während meine bessere Hälfte den Verkaufssaal unsicher macht.

Nach "nur" zwei Stunden haben wir das Einkaufszentrum hinter uns und können endlich zu dem kommen weswegen wir eigentlich hier sind ... LIDL...

Endlich wieder mal ein Lidl

Nach einem weiteren "kurzen Shopping" von ca. ein und einer halben Stunde im Rahmen dessen fast alle Waren einer intensiven Prüfung unterzogen werden, verlassen wir mit einem brechend vollen Einkaufswagen in dem sich so exotische Dinge wie deutscher Fleischsalat und 8 Packungen Kaffee befinden, den Laden, nicht ohne noch schnell 200.- Euro an der Kasse abzuliefern.

Wer uns sieht muß denken daß es morgen entweder eine Hungersnot gibt oder unsere mentale Verfassung angesichts des Rußlandaufenthaltes gelitten hat und wir erwarten, daß in Rußland morgen wieder Lebensmittelgutscheine ausgeteilt werden. Beides ist nicht der Fall, ein typischer Fall von Konsumrausch, ganz einfach.

wer Finnisch kann ist gut dran, der Rest darf raten

Nachdem alles im Kofferraum verstaut ist, frage ich mich, wo wir wohl am nächsten Tag die vier noch in Finnland lagernden Winterreifen unterbringen werden und was zu alledem der russische Zoll wohl sagen wird.

Aber das ist Teil 3 wenn es wieder heißt "Laß uns mal schnell zum Aldi ... " Und darauf werdet Ihr noch ein wenig warten müssen, leider.

Bis dann und

Poka

Werner

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